Familie durch Abschiebung getrennt
Vater im Krankenhaus, Mutter wird mit drei kleinen Kindern nach Tschetschenien abgeschoben
15.11.2019 – Der Hessische Flüchtlingsrat verurteilt die kürzlich durch eine Abschiebung erfolgte Trennung einer Familie aus dem Schwalm-Eder-Kreis. Die Familie lebte seit über sechs Jahren in Deutschland, zuletzt in einer Unterkunft in Homberg (Efze). Als die Polizei die Familie am 29.10. überraschend zur Abschiebung abholen wollte, kollabierte der Vater und wurde ins Krankenhaus gebracht. Anstatt jedoch die Abschiebung der anderen Familienmitglieder auszusetzen, solange der Vater im Krankenhaus war, wurden die Mutter mit den drei Kindern im Alter von sechs bis neun Jahren allein zum Flughafen nach Frankfurt gefahren und dann nach Tschetschenien abgeschoben. Erst als die Frau dort ankam, konnte sie wieder mit ihrem Mann Kontakt aufnehmen und sich nach seinem Zustand erkundigen.
„Warum hier mit aller Macht die Abschiebung der Mutter und der Kinder vollzogen wurde, während der Vater ins Krankenhaus eingeliefert wurde, ist völlig unverständlich“, erklärte Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates. „Normalerweise sollten Menschen, die in Sorge um ihre Angehörigen sind, im Krankenhaus an ihrer Seite sein können. Stattdessen wurde hier eine Frau in akuter Sorge um den Zustand ihres Mannes allein mit drei Kindern in eine ungewisse Zukunft abgeschoben. Das macht einen schon fassungslos.“
Aktuell läuft noch ein Klageverfahren des Vaters gegen das Bundesamt, welches einen Asylfolgeantrag trotz neuer Dokumente, die eine Verfolgung in Tschetschenien belegen, nicht angenommen hatte.
Mit der erfolgten Familientrennung wurden erneut die Leitlinien aus dem Koalitionsvertrag für eine hessische Abschiebungspolitik konterkariert. Dort heißt es, dass Abschiebungen so zügig und human wie möglich durchgeführt werden sollen, außerdem heißt es dort explizit: Familien mit Minderjährigen sollen grundsätzlich bei der Rückführung nicht voneinander getrennt werden. (S. 125 des Koalitionsvertrags).
„Wir fordern die Landesregierung auf, sich an die selbst gesetzten Leitlinien zu halten“, verdeutlichte Scherenberg die Position des Flüchtlingsrates: „Es darf keine Abschiebung um jeden Preis geben!“