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Thema Einbürgerung

Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes hat sich die Gesetzeslage zum Thema Einbürgerung ab dem 27. Juni 2024 verändert. Ausländische Staatsangehörige können nun einerseits schneller eingebürgert werden, andererseits gibt es neue Ausschlussgründe.

Zuletzt aktualisiert am 10.07.2024

Autor: André Heerling

Die Einbürgerung im neuen Staatsangehörigkeitsrecht

Es gibt mehr als eine Möglichkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Meistens geschieht das durch Geburt, wenn ein Elternteil deutscher Staatsangehörigkeit ist, oder unter bestimmten Voraussetzungen auch dann, wenn ein Kind ausländischer Eltern in Deutschland geboren wird. Nicht-deutsche Staatsangehörige erwerben dagegen die deutsche Staatsangehörigkeit in den meisten Fällen durch die Einbürgerung.

Die Rechtsgrundlage für die Einbürgerung ist das Staatsangehörigkeitsrecht (StAG). Es wurde zuletzt mit dem „Gesetz zur Modernisierung des Staantsangehörigkeitsrechts“ vom 22. März 2024 geändert. Die neue Fassung gilt seit dem 27. Juni 2024. Dabei wurden einige der Voraussetzungen geändert, sodass in vielen Fällen eine Einbürgerung eher als bislang möglich wird. Aber es gibt auch weitere wichtige Änderungen.

Wer kann eingebürgert werden?

Die Einbürgerung erfolgt nur auf Antrag bei der zuständigen Einbürgerungsbehörde. Anträge werden in der Regel bei den Standesämtern der Stadt- und Kreisverwaltungen eingereicht, jedoch ist die eigentliche Einbürgerungsbehörde in Hessen das Regierungspräsidium Darmstadt. Die Einbürgerung wird durch Aushändigung der Einbürgerungsurkunde und der feierlichen Abgabe des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands vollzogen.

Einbürgerung nach allgemeinen Ermessensgrundsätzen

Es gibt zwei Rechtsgrundlagen für die Einbürgerung im Staatsangehörigkeitsgesetz. Nach § 8 StAG kann auf Antrag eingebürgert werden, wer

  • seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat
  • eine geklärte Identität und Staatsangehörigkeit hat
  • geschäftsfähig (min. 16 Jahre) oder gesetzlich vertreten ist
  • straffrei ist (Ausnahmen)
  • eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat (Gemeinschaftsunterkünfte zählen nicht hierzu)
  • sich und seine Angehörigen ernähren kann (Ausnahmen)

Die Formulierung „kann eingebürgert werden“ entstammt dem Gesetzbuch und macht deutlich, dass es sich hier um eine Ermessensregelung handelt, die durch allgemeine Grundsätze geregelt ist. (Zu den „Ausnahmen“ siehe die Erläuterungen unten)

Anspruch auf Einbürgerung

Tatsächlich jedoch geht es, wenn über die Einbürgerung und ihre Voraussetzungen gesprochen wird, meistens um die sogenannte „Anspruchseinbürgerung“ nach § 10 StAG. Die Voraussetzungen der Einbürgerung nach § 10 StAG lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • gewöhnlicher und rechtmäßiger Aufenthalt von mindestens fünf Jahren in Deutschland
  • geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
  • Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands
  • Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands (neu)
  • Aufenthaltstitel
  • Lebensunterhaltssicherung für sich und Angehörige
  • Straffreiheit
  • Ausreichende Deutschkenntnisse (B1)
  • Kenntnisse über die Rechts- und Gesellschaftsordnung Deutschlands

Auch hier gibt es viele Ausnahmen, Ermessensregeln und auch Ausschlussgründe. Ferner gibt es eine „privilegierte Einbürgerung“, bei der die Voraussetzungen noch einmal abgesenkt werden können (siehe unten). Der wesentliche Unterschied zwischen den §§ 8 und 10 StAG ist, dass im Falle des § 10 StAG ein Anspruch auf Einbürgerung besteht, sofern alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Können umgekehrt einzelne Voraussetzungen der Einbürgerung nach § 10 StAG nicht erfüllt werden, bleibt Antragsteller:innen die Ermessensregelung nach § 8 StAG und eine Einbürgerung nach allgemeinen Grundsätzen prinzipiell möglich.

Voraussetzungen der Einbürgerung im Detail

Nachfolgend werden die meisten der wichtigen Grundsätze ausführlich dargestellt, wonach es hier insbesondere auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG ankommt. Das Verhältnis dieser Voraussetzungen zur Ermessensduldung bzw. die übereinstimmenden Voraussetzungen des § 8 StAG werden mit behandelt und gekennzeichnet.

Die Grundvoraussetzung der Einbürgerung ist, dass die Identität und Staatsangehörigkeit der Antragsteller geklärt ist. Hier gelten im ganzen Migrationsrecht die strengsten Regeln, das heißt, es gibt im Staatsangehörigkeitsrecht kein Ermessen beim Thema Identitätsklärung, egal ob es sich um die sog. Anspruchs- oder Ermessenseinbürgerung handelt. In der Regel bedeutet das, dass die Person einen Pass benötigt. Zur Identitätsklärung reicht es aber üblicherweise, dass einmal ein für echt befundener Pass vorgelegt wurde, auch wenn es mitunter nicht möglich ist, einen gültigen Pass zu beschaffen.

In Sachen Identitätsklärung und Einbürgerung bedeutet „kein Ermessen“ übrigens nur, dass von der Voraussetzung einer geklärten Identität im Einbürgerungsverfahren nicht abgesehen werden kann. Aber im Verfahren der Identitätsklärung gibt es durchaus Ermessensregeln. Hier wird, wie üblich im Ausländerrecht, auf die Zumutbarkeit der Mitwirkungshandlungen abgestellt. So gibt es Fälle, in denen glaubhaft und trotz aller Bemühungen die Beschaffung eines Nationalpasses nicht möglich ist, zum Beispiel weil die von der Auslandsvertretung des Herkunftslandes geforderten Unterlagen nicht beschafft werden können oder weil die Ausstellung eines Passes an rechtswidrige Bedingungen geknüpft ist, wie das zum Beispiel für Eritrea der Fall sein kann. Auch werden die Dokumente bestimmter Staaten nicht anerkannt, wie zum Beispiel bei somalischen Dokumenten, die nach dem 31.01.1991 ausgestellt wurden.

In solchen Fällen gibt es klare Maßgaben, wie weiter vorzugehen ist. Dazu hat am 23. September 2020 das Bundesverwaltungsgericht geurteilt und ein sogenanntes „Stufenmodell“ beschrieben, wonach ein „weniger wertiges“ Papier als das eigentlich geforderte zur Identitätsklärung genügen kann, wenn alle zumutbaren Mitwirkungshandlungen erfolglos blieben. So folgen in der „Hierarchie“ der Dokumente nach dem Pass zum Beispiel der Nationalausweis, Führerschein, Dienstausweis/Militärkarte, Geburtsurkunde oder sogar Schulzeugnisse. Dokumenten mit biometrischen Merkmalen kommt dabei allerdings immer eine größere Bedeutung zu!

Es ist unter diesen Gesichtspunkten also immer empfehlenswert schon vor der Einbürgerung mit der Klärung der Identität zu beginnen. Das dürfte bei vielen Geduldeten, die ein humanitäres Aufenthaltsrecht erhielten, ohnehin gefordert worden sein. Aber das gilt auch für Personen mit einem Schutzstatus durch das Asylverfahren. Der Indikator für eine geklärte Identität ist in der Regel, dass der jeweilige Ausweis oder Passersatz ohne den Zusatz „Personalien beruhen auf den eigenen Angaben“ ausgestellt wurde.

Mehr zum Thema Identitätsklärung in Kürze auf einer eigenen Themenseite.

Die zweite wichtige Voraussetzung der Einbürgerung sind die Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland. Hier wurde mit dem neuen Gesetz eine Erleichterung beim der Anspruchseinbürgerung geschaffen. Statt wie bisher nach acht Jahren, ist es jetzt schon nach fünf Jahren mit Aufenthaltstitel möglich, eingebürgert zu werden. Das bedeutet, es werden hier nur die Zeiten mit entweder einer Blauen-Karte-Eu, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet.

Wichtig: mit den folgenden Aufenthaltserlaubnissen ist kein Antrag auf Einbürgerung möglich: §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c. (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 StAG) Folge: vor dem Antrag bzw. bis zur Entscheidung über die Einbürgerung muss die Person eine Niederlassungserlaubnis erwerben oder eine andere als die hier aufgelisteten Aufenhatserlaubnis „besitzen“, d.h. den Aufenthaltszweck wechseln, z.B. von § 16a AufenthG in § 18a AufenthG oder von § 104c AufenthG in § 25b AufenthG. Herausgenommen aus dieser Liste der nicht zulässigen Aufenthaltstitel wurden mit dem neuen Gesetz die §§ 18d und 23 Abs. 1 AufenthG. Inhaber:innen dieser Aufenthaltstitel können also ab sofort ohne Umweg die Einbürgerung beantragen.

Bei Schutzberechtigten mit einer Asylanerkennung nach Art. 16a GG oder mit Flüchtlingsanerkennung oder mit subsidiären Schutz können die Zeiten mit Aufenthaltsgestattung angerechnet werden. (§ 55 Abs. 3 AsylG)

Unterbrechungen der Aufenthaltszeiten durch Auslandsaufenthalte bis zu sechs Monaten sind grundsätzlich unschädlich. Das gilt auch, wenn ein Auslandsaufenthalt von sechs Monaten überschritten wurde, aber die Wiedereinreise innerhalb der von der Ausländerbehörde gesetzten Frist erfolgt ist, oder wenn der Auslandsaufenthalt zur Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Herkunftsland diente. (§ 12b Abs. 1 StAG) Dauerte der Auslandsaufenthalt länger als sechs Monate und es liegt keine Ausnahme vor, dann können bis zu drei Jahre von den der Ausreise vorangegangenen Aufenthaltszeiten auf die geforderten Voraufenthaltszeiten im Einbürgerungsverfahren angerechnet werden. (§ 12b Abs. 2 StAG)

Zeiten ohne Aufenthaltstitel sind unschädlich, wenn sie daraus resultieren, dass die Antragsteller:in nicht rechtzeitig die Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels beantragt hat. (§ 12b Abs. 3 StAG)

Abweichend von der Voraussetzung eines rechtmäßigen Aufenthalts von fünf Jahren, besteht nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht bei besonderen Integrationsleistungen die Möglichkeit einer Einbürgerung nach bereits drei Jahren mit rechtmäßigen Aufenthalt.

Die Voraussetzungen hierzu sind in § 10 Abs. 3 StAG angegeben. Für die Verkürzung der Aufenthaltsdauer auf bis zu drei Jahre müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • besondere Integrationsleistungen, insbesondere gute schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen, oder bürgerschaftliches Engagement
  • Lebensunterhaltssicherung für sich und Angehörige (gemäß der Grundsätze der Einbürgerung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG)
  • Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1

Die Einbürgerung setzt das Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands (FDGO) voraus. Das Bekenntnis wird schriftlich mit dem Einbürgerungsantrag abgegeben. Dazu dienen die Muster „Merkblatt zur Verfassungstreue“ und „Loyalitätserklärung„. Letztere ist die Erklärung, keine extremistischen Bestrebungen zu verfolgen oder unterstützen oder sich glaubhaft von diesen distanziert zu haben.

Das Bekenntnis wird in feierlicher Form während der Einbürgerungszeremonie wiederholt, gemeinsam mit einer Erklärung über die Wahrung des Grundgesetzes und der Gesetze der Bundesrepublik Deutschlands. Der Wortlaut des Bekenntnisses, das vor der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde mündlich vorgetragen wird, lautet:

„Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte.“

Die Inhalte des „Merkblatts“ müssen Antragsteller:innen auch verstanden haben. Das „Merkblatt“ (s.o.) kennt sieben Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Hinsichtlich der Unterstützung extremistischer Bestrebungen wird im Merkblatt zwischen verschiedenen Handlungen unterschieden, die auf eine Verbundenheit mit extremistischen Akteuren (zuvor definiert) schließen lassen. So sind sowohl Funktionärstätigkeiten als auch aktive Mitgliedschaft als auch Vorstandstätigkeiten in einer extremistischen Organisation oder einer Organisation, die einer extremistischen Organisation unterstellt ist, als Bestrebungen gegen die FDGO zu verstehen sowie natürlich eigene Handlungen außerhalb einer Organisation, die sich gegen die FDGO richten.

Ausnahmen und Ausschlussgründe

Das Bekenntnis zur FDGO muss nicht abgeben, wer nicht geschäftsfähig im Sinne des § 34 StAG ist. Das sind Personen unter 16 Jahre oder mit einem gesetzlichen Betreuer. (§ 10 Abs. 1 S. 2 StAG)

Personen, die sich Handlungen schuldig machen, die antisemitisch, rassistisch oder sonstig menschenverachtend motiviert sind, können von der Einbürgerung ausgeschlossen werden, weil diese Handlungen nicht mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes vereinbar sind und ein Bekenntnis zur FDGO „im Sinne dieses Gesetzes“ damit nicht als glaubhaft betrachtet werden kann. (§ 10 Abs. 1 S. 3 StAG)

Im neuen Staatsangehörigkeitsgesetz wurde im ersten Absatz eine neue Nr. 1a eingefügt, die sinngemäß als eine Art Erweiterung oder Konkretisierung des Bekenntnis zur FDGO und der „Grundkenntnisse“ verstanden werden kann. Nach der neuen Nummer gehört nun zu den Voraussetzungen der Einbürgerung auch, dass die Antragsteller:in

sich zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges bekennt.

Der erste Teil des Satzes setzt den Formulierungen aus Abs. 1 S. 2 StAG wenig hinzu und bezieht sich in der Hauptsache auf das Existenzrecht Israels und den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Auch vor diesem Hintergrund wurden insgesamt zehn neue Fragen in den Einbürgerungstest aufgenommen. Siehe hierzu unten unter „Grundkenntnisse“.

Die Sicherung des Lebensunterhalts ist im Kontext der Einbürgerung an zwei Bedingungen geknüpft: vollständige Lebensunterhaltssicherung ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII und Sicherung des Lebensunterhalts für alle Angehörigen bzw. unterhaltspfllichtigen Personen. Das benötigte Einkommen richtet sich nach den Regelbedarfssätzen nach SGB II samt zuzüglicher Mehrbedarfe, die durch das anrechenbare Einkommen gedeckt sein müssen. Zum anrechenbaren Einkommen können unschädliche öffentliche Leistungen wie Kindergeld, Unterhaltszuschuss oder die Ausbildungsförderung nach SGB III oder BAfÖG gezählt werden (vgl. § 2 Abs. 3 AufenthG). Verheiratete Partner können gemeinsam für die Lebensunterhaltssicherung sorgen.

Der maßgebliche § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG erfuhr mit dem neuen Gesetz eine Verschärfung. Hieß es bislang, dass die Lebensunterhaltssicherung ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen gewährleistet sein müsse, eine Inanspruchnahme aber unschädlich sei, wenn die Antragsteller:in sie nicht selbst zu vertreten hat, wurde diese Ausnahme nun gestrichen. Von der Voraussetzung der vollständigen Lebensunterhaltssicherung kann nach der neuen Fassung nur in diesen Fällen abgesehen werden:

a) Ehemalige Gast- oder Vertragsarbeiter und deren nachgezogene Ehegatten müssen diese Voraussetzung nicht erfüllen, wenn sie die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen nicht selbst zu vertreten haben.

b) Die Antragsteller:in ist in Vollzeit erwerbstätig und war dies in den vergangenen 24 Monaten für insgesamt 20 Monate.

c) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner:innen werden eingebürgert, wenn sie mit einer Person nach Maßgabe b) verheiratet oder verpartnert sind.

Eine Ausnahmeregel bei geistiger, körperlicher, seelischer Krankheit oder aus Altersgründen gibt es bezüglich der Lebensunterhaltssicherung im Gegensatz zu bspw. der Voraussetzung des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht. Personen, die aus anderen Gründen als den oben ausgeführten nicht für ihren vollständigen Lebensunterhalt und den ihrer Angehörigen aufkommen können, sind dann auf die Einbürgerung im Ermessen nach § 8 StAG angewiesen. Dort gibt es die Möglichkeit von der Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG abzusehen, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt oder zur Vermeidung einer besonderen Härte dient (§ 8 Abs. 2 StAG).

Allerdings stellt Thomas Oberhäuser im Asylmagazin 6/2024 heraus, dass § 8 Abs. 2 StAG nach der Rechtsprechung äußerst strengen Regeln unterliegt. Eine besondere Härte im Sinne dieses Gesetzes liegt z.B. für das OVG Nordrhein-Westfalen dann vor, wenn im atypischen Einzefall Umstände vorliegen, die gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden würden. (Siehe Asylmagazin 6/2024, S. 226f.) Personen, die die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen aber gerade nicht zu vertreten haben, wie Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende, Jugendliche, Heranwachsende, Auszubildende und Studierende oder pflegende Angehörige sind gerade keine „atypischen Einzelfälle“ und fallen zudem mitunter unter eine positive „Prognoseentscheidung“. Hier gibt es aber weder eine gesetzliche Regelung (trotz eines entsprechenden Vorschlags des Innenausschuss des Bundestags, siehe ebenda), noch kommt es nach der Formulierung des Gesetzes auf die erwartbare künftige vollständige Lebensunterhaltssicherung an.

Die Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung unter § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG ist die einzige geänderte Regelung, die mit einer Übergangsregelung versehen wurde. Gemäß § 40a StAG gibt es für Einbürgerungsanträge, die vor dem 23. August 2023 gestellt wurden ein „Wahlrecht“ der Antragsteller:in, die entscheiden darf, ob ihr Antrag zugunsten der alten oder neuen Rechtslage beschieden wird.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG darf nicht eingebürgert werden, wer „wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt“ wurde oder „gegen [den] auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist“.

Nicht berücksichtigt, also schadlos sind Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nach dem Jugendgerichtsgesetz, Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen und Verurteilungen zu Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, wenn diese zur Bewährung ausgesetzt wurde und nach Ablauf der Bewähungszeit erlassen worden ist. (§ 12a Abs. 1 S. 1 StAG)

Diese Ausnahme gilt nicht, wenn die Antragsteller:in zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe wegen einer antisemitisch, rassistisch oder sonstig menschenverachtenden Straftat verurteilt wurde und diese Motivation im Gerichtsverfahren festgestellt wurde. (§ 12a Abs. 1 S. 2 StAG) Dies ist konsistent mit den übrigen Neuerungen im Staatsangehörigkeitsrecht, wonach bereits durch derart motivierte Handlungen nicht mehr von einem glaubhaften Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgegangen werden könne. Eine Einbürgerung wäre somit in mehrfacher Hinsicht ausgeschlossen. (Siehe in diesem Abschnitt unter „Einbürgerung im Ermessen“)

Weitere Erläuterungen im § 12a StAG stellen klar:

  • Bei mehreren Geldstrafen, werden die Tagessätze zusammengerechnet und dürfen dann 90 Tagessätze nicht überschreiten. Es kann sich dadurch eine niedrigere Gesamtstrafe ergeben. Ist dies der Fall, ist die Gesamtstrafe maßgebend.
  • Treffen Geld- und Freiheitsstrafe zusammen, übersetzt sich ein Tag Freiheitsstrafe in einen Tagessatz und die Strafmaße werden auf diese Weise zusammengerechnet.
  • Geringfügige Überschreitungen der Strafmaßgrenzen können nach einer Einzelfallprüfung unberücksichtigt bleiben.

Straftaten, die im Ausland begangen wurden, sind zu berücksichtigen, wenn sie auch im Inland als Straftat zu werten sind, die Verurteilung verhältnismäßig war und sie nicht bereits nach dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen wären. (§ 12a Abs. 2 StAG) Achtung: Es folgt der Hinweis, „Absatz 1 gilt entsprechend“. Dies bedeutet auch hier, siehe oben, dass im Ausland begangene Straftaten mit antisemitischen, rassistischen oder sonstig menschenverachtenden Hintergrund nie unberücksichtigt bleiben können. Verurteilungen im Ausland sind im Einbürgerungsantrag anzugeben. (§ 12a Abs. 4 StAG)

Wird gegen die Antragsteller:in in einem strafrechtlichen Verfahren ermittelt wird oder ist die Verhängung einer Jugendstrafe ausgesetzt, wird über einen Einbürgerungsantrag nicht bis zum Abschluss dieses Verfahrens entschieden. (§ 12a Abs. 3 StAG)

Einbürgerung im Ermessen

Kann die Antragsteller:in die Voraussetzung der Straffreiheit auch unter Berücksichtigung aller Ausnahmeregelungen nicht erfüllen, dann ist sie – ähnlich wie bei der Lebensunterhaltssicherung – auf die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG angewiesen. Dort kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Voraussetzung der Straffreiheit abgesehen werden. (§ 8 Abs. 2 StAG) Beachte aber hier die Erläuterungen zu den Anforderungen an die Härtefallregelung in § 8 Abs. 2 StAG oben unter „Lebensunterhaltssicherung“.

Die Einbürgerung nach § 10 StAG setzt ein allgemeines deutsches Sprachniveau der Stufe B1 voraus. (§ 10 Abs. 4 StAG) Der Nachweis erfolgt in der Regel durch ein entsprechendes Sprachzertifikat. Allerdings können auch erfolgreicher Schulbesuch über vier Jahre, die Versetzung in die 10. Klasse der Realschule oder mindestens ein Hauptschulabschluss sowie eine abgeschlossene Ausbildung oder ein Studium als Sprachnachweis dienen.

Bei Kindern unter 16 Jahren genügt eine „altersgemäße Sprachentwicklung“. Im Falle ehemaliger Gast- und Vertragsarbeiter und ihren Ehegatten wurde eine Erleichterung eingefügt, die dem Umstand Rechnung tragen soll, dass es für diese Gruppe damals kaum Integrationsangebote gab. Demnach genügt es (Anspruchsregelung), wenn diese Grupppe sich „ohne nennenswerte Probleme“ im Alltagsleben mündlich verständigen können. (ebd.)

Für alle anderen Einbürgerungsbewerber (die keine Gast- oder Vertragsarbeiter sind) gilt analog die zweite wesentliche Erleichterung, dass eine mündliche Verständigung im Alltagsleben ohne nennenswerte Probleme zur Vermeidung einer besonderen Härte genügen kann (Ermessen), wenn der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse (die Anforderungen an die Sprachprüfung B1) trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nachweisbar nicht möglich oder dauerhaft wesentlich erschwert ist. Hier liegt die Darlegungslast bei den Antragsteller:innen. (§ 10 Abs. 4a StAG)

Kann das geforderte Sprachniveau aufgrund einer geistigen, körperlichen oder seelischen Krankheit oder altersbedingt nicht erreicht werden, wird von der Voraussetzung des Spracherfordernisses abgesehen. (§ 10 Abs. 6 StAG)

Einbürgerung im Ermessen

Analog zu den anderen Voraussetzungen der Einbürgerung nach § 10 StAG kann gemäß § 8 StAG (kein Spracherfordernis) im Ermessen eingebürgert werden, wer weder das geforderte Sprachniveau erfüllt noch unter die obigen Ausnahmeregelungen fällt.

Die Grundkenntnisse über die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung im Einbürgerungsverfahren werden normalerweise durch einen bestandenen Einbürgerungstest nachgewiesen. Wir kennen diese Voraussetzungen auch aus anderen Zusammenhängen, z.B. beim Bleiberecht gem. § 25b AufenthG.

Ausnahmen

Ähnlich wie beim Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung müssen Personen unter 16 Jahren oder mit einem gesetzlichen Betreuer diese Voraussetzung nicht erfüllen. (§ 10 Abs. 1 S. 2 StAG)

Gemäß § 10 Abs. 6 StAG wird von der Voraussetzung der „Grundkenntnisse“ ebenfalls abgesehen, wenn die Antragsteller:in sie aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Schließlich (ebd.) wird von der Voraussetzung abgesehen, wenn ein Fall gem. §§ 10 Abs. 4 S. 3 oder 10 Abs. 4a StAG vorliegt, das bedeutet einerseits, dass ehemalige Gast- und Vertragsarbeiter und ihre nachgezogenen Ehegatten von dieser Voraussetzung ausgenommen sind, wenn sie sich ohne Probleme im Alltag verständigen können, andererseits dass Antragsteller:innen, die sich ohne Probleme im Alltag verständigen können und dabei nachweisen, dass der Nachweis eines Sprachniveaus nicht möglich oder dauerhaft erschwert ist von der Voraussetzung ausgenommen sind (siehe oben unter Sprachkenntnisse).

Neuerungen beim Einbürgerungstest

Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wurden mit § 10 Abs. 1 S. 3 StAG und § 10 Abs. 1 Nr. 1a StAG neue Maßgaben eingeführt, die einerseits die Unwirksamkeit des Bekenntnisses zur FDGO bei menschenverachtenden Handlungen und andererseits die historische Verantwortung Deutschlands vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus zum Thema haben (siehe oben die jeweiligen Umschalter).

Entsprechend dieser Maßgaben wurden in den Einbürgerungstest insgesamt zehn neue Fragen aufgenommen, die jüdisches Leben in Deutschland, das Existenzrecht Israels und Antisemitismus betreffen. Die Fragen und die dazugehörigen Antwortmöglichkeiten lauten wie folgt (richtige Antworten sind mit * markiert).

1. Vor wie vielen Jahren gab es erstmals eine jüdische Gemeinde auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands?

a) vor etwa 300 Jahren
b) vor etwa 700 Jahren
c) vor etwa 1150 Jahren
d) vor etwa 1700 Jahren*

2. Wer darf bei den rund 40 jüdischen Makkabi-Sportvereinen Mitglied werden?

a) nur Deutsche
b) nur Israelis
c) nur religiöse Menschen
d) alle Menschen*

3. Welche Städte haben die größten jüdischen Gemeinden in Deutschland?

a) Berlin und München*
b) Hamburg und Essen
c) Nürnberg und Stuttgart
d) Worms und Speyer

4. Wie heißt das jüdische Gebetshaus?

a) Basilika
b) Moschee
c) Synagoge*
d) Kirche

5. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde der Staat Israel gegründet?

a) eine Resolution der Vereinten Nationen*
b) ein Beschluss des Zionistenkongresses
c) ein Vorschlag der Bundesregierung
d) ein Vorschlag der UdSSR

6. Woraus begründet sich Deutschlands besondere Verantwortung für Israel?

a) aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU)
b) aus den nationalsozialistischen Verbrechen*
c) aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
d) aus der christlichen Tradition

7. Was ist ein Beispiel für antisemitisches Verhalten?

a) ein jüdisches Fest besuchen
b) die israelische Regierung kritisieren
c) den Holocaust leugnen*
d) gegen Juden Fußball spielen

8. Woran erinnern die sogenannten Stolpersteine in Deutschland?

a) an berühmte deutsche Politikerinnen und Politiker
b) an die Opfer des Nationalsozialismus*
c) an Verkehrstote
d) an bekannte jüdische Musiker

9. Wie kann jemand, der den Holocaust leugnet, bestraft werden?

a) Kürzung sozialer Leistungen
b) bis zu 100 Sozialstunden
c) gar nicht, Holocaustleugnung ist erlaubt
d) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe*

10. Welche Handlung mit Bezug auf den Staat Israel ist in Deutschland verboten?

a) die Politik Israels öffentlich kritisieren
b) das Aufhängen einer israelischen Flagge auf dem Privatgrundstück
c) eine Diskussion über die Politik Israels
d) der öffentliche Aufruf zur Vernichtung Israels*

Das neue Staatsangehörigkeitsrecht kennt vier Ausschlussgründe, die einer Einbürgerung im Wege stehen (§ 11 Satz 1 StAG). Die Einbürgerung ist demnach ausgeschlossen, wenn

  1. tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
    1. a tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass das Bekenntnis, das der Ausländer nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder nach Nummer 1a abgegeben hat, inhaltlich unrichtig ist
  2. nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt oder
  3. der Ausländer a) gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist oder b) durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet.

Vergleiche hinsichtlich der Nr. 1 der Ausschlussgründe die Inhalte des „Merkblatts“ und der „Loyalitätserklärung“ (siehe oben unter „Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung“). Die Nr. 1 und die neu eingefügte Nr. 1a, aber im Grunde ebenfalls die anderen beiden Nummern sind vor dem Hintergrund des geforderten Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FDGO) zu lesen und dieser Hinsicht im Grunde überflüssig. Wie in § 10a Abs. 1 S. 3 StAG hervorgehoben wird, lassen vor allem antisemitisch, rassistisch oder sonstig menschenverachtend motivierte Handlungen keinen Schluss auf ein „glaubhaftes“ Bekenntnis zur FDGO zu, unabhängig einer strafrechtlichen Verurteilung. Das zeigt auch die Formulierung in § 11 Nr. 1 StAG an, wonach es auf „tatsächliche Anhaltspunkte“ ankomme.

Hier in § 11 StAG sind die zitierten Gründe als allgemeine Ausschlussgründe für die Einbürgerung überhaupt formuliert. Im Gegensatz bspw. zur fehlenden Voraussetzung der Lebensunterhaltssicherung oder der Straffreiheit, wo eine Einbürgerung nach § 8 StAG im Ermessen grundsätzlich möglich bleibt, kann von der Voraussetzung „Bekenntnis zur FDGO“ und dem „Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands“ nicht einfach abgesehen werden. Denn das feierliche Bekenntnis zum Grundgesetz ist nach § 16 Satz 2 StAG immer Voraussetzung jeder Einbürgerung und Teil der Einbürgerungsfeierlichkeiten. Lediglich nicht geschäftsfähige Antragsteller:innen sind von der Voraussetzung des Bekenntnisses zur FDGO gem. § 10 Abs. 1 S. 2 StAG befreit (siehe oben), nicht aber in Bezug auf die historische Verantwortung Deutschlands. (Vgl. § 16 StAG)

Zur Nummer 2 der Ausschlussgründe, ein besonders schwer wiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 AufenthG, ist zu sagen, dass § 54 ABs. 1 Nr. 2 dem Ausschlussgrund in Nummer 1 § 11 StAG nichts wesentliches hinzufügt, inhaltlich aber eine Einengung auf Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung enthält. Ebenso stellt § 54 Abs. 1 Nr. 4 auf Gewalttätigkeit oder Aufrufe zur Gewalt im Zusammenhang mit der Durchsetzung politischer oder religiöser Zwecke ab. Diese Nummer existierte bereits in der früheren Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes. Beides wäre den übrigen Ausführungen zufolge ohnehin als Verstoß gegen die FDGO zu werten. Aus der neu eingefügten Nr. 1a der Ausschlussgründe ergibt sich damit eine Dopplung, gleichzeitig kommt es in § 54 AufenthG aber auf erteilte Ausweisungsverfügungen an.

Die Aushändigung der Einbürgerungsurkunde soll künftig im Rahmen einer öffentlichen Einbürgerungsfeier ausgehändigt werden. Das regelt der neue Satz 3 des § 16 StAG. Hiervon kann, der Formulierung „soll“ entsprechend, in begründeten Einzelfällen abgesehen werden. Ein Einspruch aus entweder Datenschutzrechtlichen oder Gründne der zeitlichen Verzögerung ist daher denkbar  Zu erwarten ist, dass diese neue Regelung zu noch mehr zeitlichen Verzögerungen bei der Einbürgerung führen wird.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts wurde der frühere § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG gestrichen, wonach zu den Voraussetzungen der Einbürgerung die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit zählt. Antragsteller:innen steht es also ab sofort frei, entweder ihre alte Staatsangehörigkeit im Einbürgerungsverfahren zu behalten und eine doppelte Staatsangehörigkeit anzunehmen oder ihre bisherige Staatsangehörige aufzugeben.

Das gleiche gilt für § 25 StAG, der ebenfalls aufgehoben wurde. Darin wurde bestimmt, dass die deutsche Staatsangehörigkeit auch bei Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit verloren geht, sofern er dazu auf seinen Antrag hin keine Genehmigung erhalten hat. War dies in der Vergangenheit der Fall, kann die dadurch verlorene deutsche Staatsangehörigkeit neu beantragt werden.

Umgekehrt kann es natürlich durchaus sein, dass die alte Staatsangehörigkeit nach dem Recht oder den Konventionen „Heimatstaates“ bei Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit verloren geht. Wiederum andererseits bedeutet die neue Regelung auch, dass eine durch Einbürgerung nach dem alten Gesetz verlorene Staatsangehörigkeit wieder im Ausland beantragt werden kann.

Die Duldung von Mehrstaatigkeit betrifft nicht nur die Anspruchseinbürgerung gem. § 10 StAG, sondern auch die Ermessenseinbürgerung gem. § 8 StAG, die Einbürgerung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern Deutscher gem. § 9 StAG sowie die Einbürgerung ehemaliger Deutscher und im Ausland Lebender (§§ 13 und 14 StAG).

Einbürgerung von Familienangehörigen und Geburt eines Kindes in Deutschland

Für ausländische Familienmitglieder von Deutschen oder Einbürgerungsbewerber:innen gibt es die Möglichkeit der Einbürgerung. Diese leitet sich von der Einbürgerung oder deutschen Staatsangehörigkeit des Familienmitglieds ab und unterliegt größtenteils den gleichen Voraussetzungen wie die „Anspruchseinbürgerung“ nach § 10 StAG. Familienmitglieder, die hiervon profitieren können, sind Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner sowie die minderjährigen Kinder. Für Kinder, die in Deutschland geboren wurden, gibt es, abhängig von der Staatsangehörigkeit der Eltern, eigene Regeln.

Einbürgerung als Familienmitglied eines oder einer deutschen Staatsangehörigen

Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner eines oder einer deutschen Staatsangehörigen haben einen Regelerteilungsanspruch auf die Einbürgerung, wenn sie seit mindestens drei Jahren ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit mindestens zwei Jahren besteht. (§ 9 Abs. 1 StAG) Sie müssen, von der Voraufenthaltszeit abgesehen, sämtliche Voraussetzungen der „Anspruchseinbürgerung“ gem. § 10 Abs. 1 StAG erfüllen (siehe oben). Dabei kann die Lebensunterhaltssicherung regelmäßig durch einen oder beide Ehegatten gewährleistet werden. Auch gelten alle Ausnahmeregelungen und sonstigen Grundsätze, die oben im Detail beschrieben wurden (§ 9 Abs. 1 S. 4 StAG). Die Aufenthaltszeit von drei Jahren kann aus Gründen des „öffentlichen Interesses“ verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit mehr als drei Jahren besteht (§ 9 Abs. 1 S. 2   StAG).

Die minderjährigen Kinder der Ehegatten bzw. Lebenspartner können nach § 9 Abs. 1 S. 3 StAG eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht drei Jahre lang rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Auch sie müssen allerdings die Voraussetzungen der Anspruchseinbürgerung erfüllen. Bei Kindern unter 16 Jahren entfallen allerdings einige dieser Voraussetzungen.

Mit-Einbürgerung von Familienmitgliedern eines ausländischen Einbürgerungsbewerbers

Der § 10 Abs. 2 StAG schreibt vor, dass die Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner einer Einbürgerungsbewerber:in sowie deren minderjährige Kinder mit eingebürgert werden können, auch wenn sie selbst die rechtmäßige Voraufenthaltszeit in Deutschland von fünf Jahren (oder drei Jahren im Fall einer Privilegierung) nicht erfüllen. Sie müssen aber (allesamt) die Voraussetzungen für die Einbürgerung gem. § 10 Abs. 1 StAG erfüllen. Die Voraussetzungen wurden oben detailliert beschrieben.

Geburt eines Kindes im Bundesgebiet

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt im Bundesgebiet ist streng genommen keine Form der Einbürgerung. Dennoch ist diese Konstellation sehr relevant und gehört auf diese Themenseite.

Wird ein Kind in Deutschland geboren und hat mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit, erwirbt das Kind nach § 4 Abs. 1 StAG automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Ist nur der Vater deutscher Staatsangehöriger, bedarf es ggf. einer Vaterschaftsanerkennung.

Wird ein Kinder ausländischer Eltern in Deutschland geboren, erwirbt es (automatisch) die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil seit fünf Jahren (statt wie in der alten Fassung nach acht Jahren) seinen rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat oder freizügigkeitsberechtigte Schweizer Staatsangehörige mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel ist. Die deutsche Staatsangehörigkeit wird in diesen Fällen in das Geburtenregister eingetragen, in dem die Geburt des Kindes beurkundet ist. (§ 4 Abs. 3 StAG)

Verlust und Rücknahme der deutschen Staatsangehörigkeit

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die deutsche Staatsangehörigkeit zu verlieren, beispielsweise durch Verzicht. Auch kann ein in Deutschland geborenes Kind, das durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erwarb, unter bestimmten Voraussetzungen die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren (mehr hierzu folgt).

Davon abgesehen gibt es zwei Rechtsgrundlagen bzw. Tatbestände, die die Rücknahme bzw. den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge haben. Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit gem. § 25 StAG wurde hingegen gestrichen (siehe oben).

Verlust der Staatsangehörigkeit nach § 28 StAG

Die deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wer sich freiwillig und ohne Erlaubnis der jeweiligen deutschen Behörde den Streitkräften oder anderen bewaffneten Verbänden eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit die Person besitzt, verpflichtet. (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 StAG)

Die deutsche Staatsangehörigkeit verliert auch, wer sich im Ausland an terroristischen Kampfhandlungen beteiligt. (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 StAG) Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit in diesem Fall wird von Amts wegen festgestellt. Befindet sich die betroffene Person im Ausland, kann gegen diese Verlustfeststellung kein Widerspruch eingelegt werden.

Minderjährige oder aufgrund eines Übereinkommens zum Eintritt in ausländische Streitkräfte berechtigte Personen sind vom Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit unter den obigen Voraussetzungen ausgenommen. (§ 28 Abs. 2 StAG)

Rücknahme der Staatsangehörigkeit nach § 35 StAG

Die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung kann in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren nach Bekanntgabe der Einbürgerung zurück genommen werden, wenn sie auf einem rechtswidrigen Verwaltungsakt beruht. Das bezieht sich insbesondere auf Fälle, in denen der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit auf „arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben“ beruhte. (§ 35 Abs. 1 StAG)

Der Rücknahme steht in der Regel nicht entgegen, dass die betroffene Person dadurch staatenlos würde. (§ 35 Abs. 2 StAG) Hieraus lässt sich schließen, dass von einer Rücknahme in atypischen Fällen abgesehen werden kann.

Betrifft die Rücknahme Dritte ist in im Einzelfall eine Ermessensentscheidung darüber zu fällen, ob diese von der Rücknahme betroffen sind. Dabei soll insbesondere das Kindeswohl berücksichtigt werden. (§ 35 Abs. 5 StAG)

Die Erschleichung der Einbürgerung für sich und andere durch unrichtige Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen der Einbürgerung ist in § 42 StAG als Straftatbestand geregelt, der mit einer Freiheits- oder Geldstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft wird.

Privilegierung von Gast- und Vertragsarbeitern

Folgt.