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Ausbildungsduldung und Ausbildungsaufenthaltserlaubnis

§ 60c AufenthG und § 16g AufenthG

Von den bestehenden Bleiberechten für Geduldete im Aufenthaltsgesetz ist die Ausbildungsduldung besonders attraktiv. Nicht nur gibt es wenige Voraussetzungen einzuhalten, auch ist ein Zugang unabhängig von der Aufenthaltsdauer in Deutschland möglich und die Integration wird durch eine qualifizierte Berufsausbildung besonders nachhaltig gefördert.

Mit dem „Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0“ (FEG 2.0; amtlich: „Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“) wurde die erstmals im Jahr 2016 eingeführte Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) um die neue Ausbildungsaufenthaltserlaubnis für Geduldete (§ 16g AufenthG) ergänzt. Einführendes und alle Voraussetzungen im Detail in diesem Artikel.

Zuletzt aktualisiert: 13.05.2025

Autor: André Heerling

Ausbildungsduldung oder Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung?

Grundsätze und Neuerungen

Die bisherige Ausbildungsduldung gem. § 60c AufenthG war und ist eines der besten aufenthaltsrechtlichen Instrumente für Geduldete. Dies liegt vor allen Dingen an den verhältnismäßig niedrigschwelligen Voraussetzungen und ihrer Anschlussnorm in § 19d AufenthG, die ebenso wie die Ausbildungsduldung eine Anspruchsregelung ist. Die Voraussetzungen lassen sich wie folgt zusammenfassen, eine detaillierte Beschreibung folgt weiter unten auf dieser Seite:

  • Duldung und Vorduldungszeit von mindestens drei Monaten, sofern die Ausbildung nicht bereits mit Aufenthaltsgestattung aufgenommen wurde

  • qualifizierte Berufsausbildung oder Assistenz- oder Helferausbildung samt Ausbildungsplatzzusage für eine anschlussfähige qualifizierte Berufsausbildung

  • geklärte Identität im Rahmen festgelegter Fristen und entsprechend der Bestimmungen über die Zumutbarkeit von Mitwirkungshandlungen

  • keine Ausschlussgründe wie: offensichtlicher Missbrauch, Arbeitsverbote, Terrorismusverdacht, Vorliegen konkreter aufenthaltsbeendender Maßnahmen

  • Ausbildungsvertrag sowie ggf. Eintragung ins Berufsausbildungsverzeichnis bzw. Schulvertrag

Weil die Ausbildungsduldung kein Aufenthaltstitel ist, wird von der Voraussetzungen Lebensunterhaltssicherung und Passbesitz abgesehen. Ebenfalls ist die Erteilung der Ausbildungsduldung nicht an eine Mindestaufenthaltsdauer in Deutschland gebunden und damit viel früher zu erlangen als sämtliche anderen Bleiberechte.

Die neue Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung für Geduldete nach § 16g AufenthG

Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus dem Jahr 2023 wurde mit Bezug auf Geduldete eher wenig geregelt, mit einer großen Ausnahme. Die Ausbildungsduldung sollte in eine Aufenthaltserlaubnis umgewandelt und in einen eigenen Paragraphen übertragen werden. Diese zunächst sehr begrüßenswerte Angleichung der Ausbildungsduldung an andere Bleiberechte oder die neuen Spurwechselmöglichkeiten im Asylverfahren (§§ 18a, 18b und 19c AufenthG) litt allerdings unter einem Konstruktionsfehler. Der zu diesem Zweck neu geschaffene § 16g AufenthG ist kein humanitärer Aufenthaltstitel, sondern findet sich in Abschnitt III des Aufenthaltsgesetzes – Aufenthalt zu Ausbildungszwecken. Folgerichtig ist, damit Geduldete davon profitieren können, auch dieser Aufenthaltstitel ebenso wie die Ausbildungsduldung eine Anspruchsnorm. Das bedeutet, dass ein Anspruch auf Erteilung bei Vorliegen aller Voraussetzungen besteht, und dass die Sperrwirkung gem. § 10 Abs. 3 nach abgelehntem oder zurückgenommenen Asylantrag nicht greift. Dies wurde zusätzlich in § 16g Abs. 10 AufenthG klargestellt. Jedoch unterliegt der § 16g AufenthG als Aufenthaltstitel den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gem. § 5 AufenthG. Somit werden sowohl Passbesitz als auch Lebensunterhaltssicherung zu zusätzlichen Voraussetzungen des § 16g AufenthG gegenüber der bisherigen Ausbildungsduldung. Lediglich das Absehen von der Visumspflicht wurde ausdrücklich geregelt in § 16g Abs. 10 AufenthG.

Die sich daraus ergebenden Probleme lassen sich kurz zusammenfassen: Geduldete ohne Pass haben nur dann Zugang zur neuen Aufenthaltserlaubnis, wenn sie alle zumutbaren Mitwirkungshandlungen erfüllt haben, jedoch ohne dadurch einen Anspruch mehr geltend machen zu können. Ferner haben Geduldete keinen Zugang zur Aufenthaltserlaubnis, wenn sie kein oder zu wenig Ausbildungsgehalt aufbringen können. Dadurch fand nicht nur eine deutliche Entwertung der Ausbildungsduldung statt, sondern die Neuregelung kam einem faktischen Ausschluss von Geduldeten ohne Pass und ausreichendem Einkommen gleich.

Mit dem sog. „Rückführungsverbesserungsgesetz“ aus dem Februar 2024 wurde noch vor Inkrafttreten des neuen § 16g AufenthG am 01. März 2024 nachgebessert. Die Ausbildungsduldung bleibt fortan neben der neuen Ausbildungsaufenthaltserlaubnis bestehen. Zusätzlich wurden Hinweise über die Höhe des geforderten Einkommens sowie über die Möglichkeit von Nebentätigkeiten veröffentlicht. Es gibt jetzt also (nach der neuen Gesetzeslage) keinen Fall mehr, in dem Geduldete aufgrund der Einführung der neuen Aufenthaltserlaubnis vom Bleiberecht ausgeschlossen werden. Aber es bleibt bei einer deutlichen Schlechterstellerung derjenigen, die unter den geschilderten Voraussetzungen lediglich eine Ausbildungsduldung erhalten, da diese zum Beispiel schlechtere Sozialleistungen beziehen, nicht Reisen dürfen und die Zeiten der Ausbildung nicht für die spätere Niederlassungserlaubnis anrechen können.

Das bedeutet für Geduldete folgendes:

  • Ist die Passbeschaffung vor oder im Laufe der Ausbildung möglich, ist das vorteilhaft, um statt der Ausbildungsduldung eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Damit verbundene Risiken bei drohender Abschiebung sollten erwogen werden, können aber auf unterschiedliche Weise abgefedert werden, zum Beispiel durch eine Petition oder durch die Passbeschaffung im Erteilungszeitraum von bis zu 6 Monaten vor Beginn der Ausbildung.

  • Personen, die Schwierigkeiten bei der Passbeschaffung haben, sollten sich rechtzeitig in professionelle Beratung begeben oder anwaltlichen Beistand suchen. Mehr zu diesen Punkten weiter unten.

  • Die Höhe des Ausbildungsgehalts ist zu prüfen. Im Falle einer schulischen Ausbildung oder eines geringen Gehalts sind Nebentätigkeiten eine Möglichkeit, um die Lebensunterhaltssicherung zu gewährleisten, auch wenn diese eine erhebliche Mehrbelastung darstellen. Mehr zum Thema Lebensunterhaltssicherung siehe unten.

  • Ein Wechsel aus der Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaubnis ist möglich, wenn im Laufe der Zeit der Pass beschafft werden konnte und genügend Geld verdient wird. Es bedarf dazu eines (formlosen) Antrags bei der jeweiligen Ausländerbehörde. Das gilt auch für diejenigen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes bereits eine Ausbildungsduldung (und einen Pass) hatten, da eine entsprechende Übergangsregelung gestrichen wurde.

Die Voraussetzungen im Detail

Die Ausbildungsduldung gem. § 60c AufenthG und die neue Ausbildungsaufenthaltserlaubnis gem. § 16g AufenthG teilen zum großen Teil ihre Voraussetzungen. Auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes sowie der neuen und alten Anwendungshinweise des BMI werden im Folgenden die Voraussetzungen und Ausschlussgründe im Detail diskutiert und die Unterschiede beider Bleiberechte an den entsprechenden Stellen gekennzeichnet.

Die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis kann an zwei Personengruppen erteilt werden. Im ersten Absatz des § 60c bzw. § 16g AufenthG wird unterschieden zwischen a) Asylbewerbern in Ausbildung, die nach der Ablehnung ihres Asylantrags diese fortsetzen wollen und b) Geduldeten, die eine Berufsausbildung aufnehmen. Das bedeutet nicht, dass Asylbewerber, die noch eine Aufenthaltsgestattung besitzen, eine Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis erhalten oder ihren Aufenthaltsstatus ohne weiteres wechseln können. Die Ausbildungsduldung gem. § 60c AufenthG ist eine Form der sog. humanitären oder auch „Ermessensduldung“ gem. § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG und setzt voraus, dass die Antragsteller:in (vollziehbar) ausreisepflichtig ist.

Eine weitere Voraussetzung ist der Besitz einer Duldung von mindestens drei Monaten, wobei hier zwischen beiden Fallkonstellationen unterschieden wird. Die geforderte Vorduldungszeit gilt nur für diejenigen, die eine Ausbildung beginnen, während sie schon vollziehbar ausreisepflichtig sind, also für Gruppe b). Dieser Punkt betrifft aber auch die Voraussetzung „Duldung“ selbst. So ist gemäß der alten Anwendungshinweise des BMI zur Ausbildungsduldung nicht der „faktisch tolerierte Aufenthalt“ gemeint, sondern Zeiten des „Besitzes einer Duldung“ gem. § 60a Abs. 2 AufenthG. In den neuen Anwendungshinweisen zum FEG 2.0 und dem neuen § 16g AufenthG findet sich zu diesem Punkt lediglich der Verweis auf die alten Anwendungshinweise. Die Klarstellung z.B. aus den neuen Anwendungshinweisen des BMI zum § 104c AufenthG vom März 2024, wonach es auf das Vorliegen von Duldungsgründen und nicht auf den Besitz der förmlichen Duldungsbescheinigung ankommt, fehlt leider im Bezug auf die §§ 16g und 60c AufenthG völlig. Deshalb kommt es häufig zum Streit mit den Ausländerbehörden. Denn in § 60a Abs. 2 AufenthG geht es um den Anspruch auf „Aussetzung der Abschiebung“ aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, ferner geht aus § 60a Abs. 4 AufenthG hervor, dass bei Vorliegen solcher Gründe ein Anspruch auf eine Bescheinigung der Aussetzung der Abschiebung besteht – eben die Duldungsbescheinigung im Papierformat. Das bedeutet, dass die Ausländerbehörde nicht im Umkehrschluss das Nicht-Vorliegen einer solchen Duldungsbescheinigung als Versagensgrund heranziehen darf.

Was das BMI umgekehrt mit „faktischer Tolerierung des Aufenthalt“ meint, ist der bloße Umstand, dass keine Abschiebung vollzogen wurde. Dabei – so das BMI – sollen diese drei Monate gerade dazu dienen, eine Abschiebung durchzuführen.

Das alles aber gilt wiegesagt nicht für Personen, die noch im Asylverfahren eine Ausbildung begonnen haben, diese fortführen wollen und im Übrigen alle weiteren Voraussetzungen gem. §§ 60c bzw. 16g AufenthG erfüllen. Personen mit Aufenthaltsgestattung, die sich in einer Ausbildung befinden, sollten also mit der rechtskräftigen Ablehnung ihres Asylantrags (sei es durch BAMF, Verwaltungsgericht oder Oberverwaltungsgericht) und noch vor der erstmaligen Ausstellung einer Duldung einen Antrag auf Ausbildungsduldung stellen, um ihren Anspruch frühzeitig geltend zu machen und um einen Duldungsgrund zu schaffen.

Um eine Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis erhalten zu können, müssen Geduldete eine staatlich anerkannte qualifizierte Berufsausbildung aufnehmen. Die regelmäßig vorgesehene Ausbildungsdauer muss mindestens zwei Jahre betragen.

Das gilt auch für Assistenz- oder Helferausbildungen. Hier kann eine Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis nur erlangt werden, wenn die Assistenz- oder Helferausbildung für einen Beruf qualifiziert, für den die Bundesagentur für Arbeit einen Engpass festgestellt hat, und wenn eine Ausbildungsplatzzusage für eine qualifizierte Berufsausbildung vorliegt, die anschlussfähig für diese Assistenz- oder Helferausbildung ist.

Die Dokumentation anerkannter Ausbildungsberufe finden Sie hier beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Ob es sich dabei um eine Assistenz- oder Helferausbildung handelt, lässt sich ebenfalls dort nachvollziehen. In der Regel handelt es sich dabei um Ausbildungen mit einer Ausbildungsdauer von weniger als 24 Monaten, im wesentlichen aus dem Bereich der Kranken- und Altenpflege. Ob es sich dabei um einen Engpassberuf handelt, darüber kann die Bundesagentur für Arbeit Gewissheit geben. Diese gibt regelmäßig eine Liste mit den Engpassberufen heraus, die sogenannte Engpassanalyse.

Entfällt im Falle einer Assistenz- oder Helferausbildung die Anschlussausbildungszusage, führt dies nicht zum Erlöschen der Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis, sofern diese selbst weiter (erfolgreich) betrieben wird. Gemäß der Anwendungshinweise des BMI soll – analog zum unverschuldeten Abbruch der Ausbildung – nach Abschluss der Assistenz- oder Helferausbildung die Duldung bzw. Aufenthaltserlaubnis einmalig um sechs Monate verlängert werden, um die Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz zu ermöglichen.

Die Ausbildung soll in der Regel in Vollzeit erfolgen. Ausnahmen kommen zwar in Betracht, vor allem aber im Falle von Betreuungspflichten z.B. für schulpflichtige oder jüngere Kinder. Eine Ausbildung in Teilzeit zur Lebensunterhaltssicherung ist nicht vorgesehen (siehe unten zum Punkt „Lebensunterhaltssicherung“).

Duale Berufsausbildung und duales Studium

Duale Berufsausbildungen sowie Berufsausbildungen an Berufsfachschulen und Fachschulen ermöglichen ebenfalls den Erhalt der Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis. Hierzu bedarf es neben dem Ausbildungsvertrag als zusätzliche Erteilungsvoraussetzung einer Aufnahmebescheinigung durch die Bildungseinrichtung. (Siehe auch unten unter „Beantragung und Erteilung“)

Duale Studiengänge ermöglichen ebenfalls ein Bleiberecht nach diesen Regelungen, wenn sowohl ein Studium als auch eine Berufsausbildung absolviert wird. Die Zeit der Erteilung umfasst hier allerdings nur den Teil der Berufsausbildung, nicht diese des (anschließenden) Studiums.

Für den Fall der Aufenthaltserlaubnis gem. § 16g AufenthG sieht das BMI drei Optionen als Anschlussregeln vor: Findet die Inhaber:in eine qualifizierte Anstellung im Ausbildungsberuf, kann sie regulär von der Anschlussnorm gem. § 16g Abs. 8 AufenthG Gebrauch machen und eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst zwei Jahre erhalten (Anspruch). (Siehe unten unter „Anschlussregeln“). Dauert das Studium nach Abschluss der Berufsausbildung gem. § 16g AufenthG noch fort, kann mitunter eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken gem. § 16b AufenthG erteilt werden. Leider wird hier nicht klargestellt, unter welchen Voraussetzungen das nicht möglich ist. Jedenfalls fährt das BMI mit der dritten Option fort und benennt die Möglichkeit, eine humanitäre Duldung gem. § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG (mit aufschiebender Wirkung) für die restliche Dauer des Studiums zu erteilen, „insbesondere dann“ wenn erwartbar ist, dass das Studium erfolgreich abgeschlossen werden wird.

Für den Fall der Ausbildungsduldung gilt analog: findet die Inhaber:in einer Ausbildungsduldung eine Anstellung im Ausbildungsberuf erhält (Anspruch) sie – bei Vorliegen aller Voraussetzungen – die für den Anschluss an die Ausbildungsduldung vorgesehene Aufenthaltserlaubnis gem. § 19d Abs. 1a AufenthG (siehe unten unter „Anschlussregeln“). Eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 16b AufenthG zu Studienzwecken sehen die alten Anwendungshinweise des BMI zur Ausbildungsduldung allerdings nicht vor. Jedoch wird auch hier auf die Möglichkeit einer humanitären Duldung gem. § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG bis zum Studienabschluss verwiesen, unter den gleichen Voraussetzungen.

Passbesitz

Für die Ausbildungsduldung ist der Besitz eines Passes nicht notwendig, da es sich bei der Ausbildungsduldung nicht um einen Aufenthaltstitel, sondern um eine besondere Form der humanitären Duldung gem. § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG handelt. Anders bei der Aufenthaltserlaubnis für Geduldete zur Berufsausbildung nach § 16g AufenthG: Wie bereits weiter oben erörtert, ergibt sich die Notwendigkeit des Passbesitzes hier aus den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gem. § 5 AufenthG. Der Passbesitz ist also neben der Lebensunterhaltssicherung die eine zusätzliche Voraussetzung zur Qualifizierung für einen Aufenthaltstitel gem. § 16g AufenthG. Es ist zwar möglich, dass auch bei der Erteilung des Aufenthaltstitels gem. § 16g AufenthG von der Voraussetzung des Passbesitzes abgesehen wird. Dies, da die Voraussetzung in § 5 AufenthG „in der Regel“ erfüllt sein müssen, in atypischen Fällen also Ausnahmen möglich bleiben. Jedoch sind uns aus der Beratungspraxis so gut wie keine Fälle bekannt, in denen die Ausländerbehörde hiervon Gebrauch macht, zumal weiterhin recht hohe Anforderungen an den Nachweis der Unzumutbarkeit der Passbeschaffung gelten, die hier wenigstens erwiesen sein müsste.

Geklärte Identität und Fristen zur Identitätsklärung

Die gleichen Anforderungen für sowohl die Ausbildungsduldung als auch die Ausbildungsaufenthaltserlaubnis gelten jedoch hinsichtlich der Identitätsklärung. In beiden Fällen muss die Identität des Antragstellers innerhalb festgeschriebener Fristen geklärt sein. Andernfalls kann es zum Ausschluss von der Erteilung kommen. Es ist wichtig zu beachten, dass damit zwei Voraussetzungen in einer gemeint sind: die Identität muss geklärt sein. Und sie muss geklärt sein innerhalb bestimmter Fristen.

In den allermeisten Fällen kommt es bei der Identitätsklärung auf die Aushändigung oder Beantragung oder Verlängerung des Nationalpasses an. Denn aus Behördensicht kann die Identität des Antragstellers zweifelsfrei und abschließend nur mit dem Pass geklärt werden. Hieraus gibt sich (im Fall der Ausbildungsduldung) zwar nicht die Passpflicht, jedoch quasi eine „Passbeschaffungspflicht“, allerdings mit Einschränkungen wie weiter unten gezeigt wird.

Fristen zur Identitätsklärung

Nach den geltenden Fristen muss die Identität innerhalb der folgenden Zeiträume geklärt sein:

  • bei Einreise bis zum 31. Dezember 2016 bis zur Beantragung der Ausbildungsduldung
  • bei Einreise ab dem 01. Januar 2017 und vor dem 01. Januar 2020 bis zur Beantragung der Ausbildungsduldung, spätestens bis bis zum 30.06.2020
  • bei Einreise ab dem 01. Januar 2020 innerhalb der ersten sechs Monate nach der Einreise

Diese Fristen gelten sowohl für die Ausbildungsduldung als auch für die Ausbildungsaufenthaltserlaubnis.

Zumutbare und unzumutbare Mitwirkungshandlungen

Zwei wichtige Zusätze des Gesetzes gilt es zu beachten! Der erste Zusatz betrifft die Einhaltung der Frist. Laut Gesetz gilt die Frist als gewahrt, „wenn der Ausländer innerhalb der (…) Frist alle erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat und die Identität erst nach dieser Frist geklärt werden kann, ohne dass der Ausländer dies zu vertreten hat“ (§ 60c Abs. 2 Nr. 3 und § 16g Abs. 2 Nr. 3 AufenthG). Hieraus werden zwei Dinge deutlich: Erstens kommt es auf die „zumutbaren Maßnahmen“, also auf die Mitwirkungshandlungen an, und nicht per se auf den Erfolg dieser Handlungen. Was als zumutbare Mitwirkungshandlung gilt, wird unter anderem und beispielhaft in § 5 Abs. 2 AufenthV illustriert, beispielsweise also bei den zuständigen Behörden (Botschaft, Konsulate) ein Identitätsdokument zu beantragen oder zu verlängern.

Zweitens folgt hieraus aber auch, dass bestimmte Handlungen eben nicht zumutbar sind. Während des Asylverfahrens sind zum Beispiel die Aushändigung aller Dokumente (inkl. Nationalpass), die der Klärung der Identität des Ausländers dienen, zumutbar und auch verpflichtend. Unzumutbar dagegen wäre es, mit den Behörden des Herkunftsstaates Kontakt aufzunehmen, da dies die eigene Schutzbedürftigkeit, deren Klärung das Ziel des Asylverfahrens ist, zumindest teilweise relativieren würde. Damit ist es also in der Regel niemanden im laufenden Asylverfahren, zu dem auch das anschließende Klageverfahren zählt, zumutbar, einen Pass oder andere Identitätsdokumente bei den Behörden des Herkunftsstaates zu beantragen oder zu verlängern.

Daher dürfte für die meisten Geduldeten, die nicht bereits bei Einreise ihren Pass oder andere genügende Dokumente ausgehändigt haben, die Frist als gewahrt gelten, zumindest dann, wenn der Duldung ein (längeres) Asylverfahren vorausging. Denn dann gilt, dass „die Identität erst nach dieser Frist geklärt werden kann, ohne dass der Ausländer dies zu vertreten hat“.

Der zweite Zusatz bezieht sich auf das Erfordernis der geklärten Identität selbst und ergibt sich aus § 60c Abs. 7 bzw. § 16g Abs. 6 AufenthG. Darin heißt es: „Eine Duldung/Aufenthaltserlaubnis (…) kann unbeachtlich des Absatzes 2 Nummer 3 [Identitätsklärung und Fristen] erteilt werden, wenn der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat.“

Dadurch bleibt auch in den Fällen, in denen die Identitätsklärung (unabhängig von den Fristen) bis zur Antragstellung nicht abschließend geklärt werden konnte, eine Erteilung weiterhin möglich. Allerdings entfällt dadurch der Anspruch auf die Erteilung. Der Satz degradiert durch die Formulierung „kann… erteilt werden“ die Anspruchsregel, die §§ 60c und 16g AufenthG eigentlich sind, zu einer Ermessensregel. Die Erteilung durch die Ausländerbehörde ist also nicht mehr garantiert, wenn die Identität nicht geklärt werden konnte. Dies gilt auch für Antragstellerinnen des § 16g AufenthG, die zwar ohnehin den Pass benötigen, den Satz allerdings anwenden können, wenn die Identität nicht innerhalb der geforderten Fristen geklärt werden konnte.

Ergänzende Hinweise zur Identitätsklärung

Schließlich darf der Hinweis darauf nicht fehlen, dass die Identität nicht zwangsläufig ausschließlich durch den Nationalpasses geklärt werden kann. Das betrifft auch die genannten Zusätze zum Erfordernis der Identitätsklärung. Diese ist nur abgeschlossen, wenn alle zumutbaren Schritte unternommen wurden, und diese erschöpfen sich eben nicht allein in der (erfolglosen) Beantragung eines Nationalpasses. Die Anwendungshinweise des Bundesinnenministeriums (BMI) zum FEG 2.0 (für § 16g AufenthG) bzw. zum Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung (für § 60c AufenthG) stellen klar, dass die Identität in solch einem Fall auch durch „nachgeordnete“ Identitätsdokumente geklärt werden kann. Wörtlich heißt es:

„Die Identität wird am sichersten mit einem gültigen Pass oder Passersatz oder einem sonstigen vom Herkunftsstaat ausgestellten Personalausweis nachgewiesen. Hilfsweise kann die Identität auch mit einem abgelaufenen Pass, Passersatz oder einem amtlichen Ausweis mit Lichtbild, jeweils im Original nachgewiesen werden.

In Fällen, in denen kein Pass oder anderes Identitätsdokument mit Lichtbild vorgelegt werden kann, kann die Identität auch durch andere geeignete Mittel nachgewiesen werden. So sind amtliche Dokumente aus dem Herkunftsstaat, die biometrische Merkmale und Angaben zur Person enthalten, geeignet, soweit sie die Möglichkeit der Identifizierung bieten, wie beispielsweise ein Wehrpass, Führerschein, Konsularkarte, Laissez-Passer oder andere Heimreisedokumente des Herkunftsstaates, Dienstausweis oder eine Personenstandsurkunde mit Lichtbild.

Ist der Ausländer nicht im Besitz der vorgenannten Dokumente und können diese auch nicht beschafft werden, so können im Zuge einer Gesamtschau mehrerer Indizien geeignete amtliche Dokumente aus dem Herkunftsstaat ohne biometrische Merkmale zum Nachweis der Identität in Betracht kommen, wie beispielsweise eine Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Meldebescheinigung, Schulzeugnisse oder Schulbescheinigungen, wenn sie geeignet sind, auf ihrer Basis Passoder Passersatzpapiere zu beschaffen. Bei der Gesamtschau können elektronisch abgelegte Identitätsdokumente mit Lichtbild den Nachweiswert dieser Dokumente steigern. Im Übrigen gelten die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätze zur Beweisführung zur Klärung der Identität.“

Diese Bestimmten sind unbedingt zu beachten. Ebenfalls zu beachten ist allerdings, dass auch eine Erteilung der Ausbildungsduldung (oder der Aufenthaltserlaubnis) nicht von der weiteren Verpflichtung entbindet, an der Identitätsklärung mitzuwirken. Dies gilt auch dann, wenn eine Ausbildung bereits im Asylverfahren begonnen wurde und nach dessen negativem Ausgang im Rahmen der Ausbildungsduldung/-aufenthaltserlaubnis weiter betrieben werden soll. Es kann dann zur Rücknahme der Ausbildungsduldung oder der Aufenthaltserlaubnis kommen, wenn die Inhaber:in ihren Mitwirkungspflichten zur Identitätsklärung nicht nachkommt.

Und ebenfalls entbindet die Erteilung einer Ausbildungsduldung bei ersatzweiser Identitätsklärung nicht von der Pflicht zur Passbeschaffung. Und der Pass wird notwendig, wenn im Anschluss an die Ausbildung ein Aufenthaltstitel beantragt werden soll. Ob eine Ausnahme gem. § 5 AufenthG von der Passpflicht (siehe den Beginn dieses Abschnitts) vorgenommen werden kann, muss dann im Antragsverfahren erst geprüft und im Zweifelsfall durchgesetzt werden, sofern nicht bereits Übereinkunft mit der Behörde besteht. Das gleiche gilt auch, wenn die Passbeschaffung wieder möglich werden sollte, zum Beispiel nach einer Umstellung des Antragsverfahrens. Sofern keine Unzumutbarkeit besteht, besteht dann eine (erneute) Mitwirkungspflicht.

Neben den im vorhergehenden Abschnitt behandelten Fristen zur Identitätsklärung gibt es weitere Ausschlussgründe, die einer Erteilung der Ausbildungsduldung im Wege stehen, allen voran bereits eingeleitete „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen

Die Erteilung einer Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis ist ausgeschlossen, wenn bereits „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“ eingeleitet wurden. Genauer gesagt dürfen nicht bereits „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung, die in einem hinreichenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Aufenthaltsbeendigung stehen, bevorstehen“ (§ 60c Abs. 2 Nr. 5 bzw. § 16g Abs. 2 Nr. 5 AufenthG). Hiervon wird ausgegangen, wenn

„a) eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit veranlasst wurde,

b) der Ausländer einen Antrag zur Förderung mit staatlichen Mitteln einer freiwilligen Ausreise gestellt hat,

c) die Buchung von Transportmitteln für die Abschiebung eingeleitet wurde,

d) vergleichbar konkrete Vorbereitungsmaßnahmen zur Abschiebung des Ausländers eingeleitet wurden, es sei denn, es ist von vornherein absehbar, dass diese nicht zum Erfolg führen, oder

e) ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 eingeleitet wurde.“ (Ebd.)

In diesen Fällen ist die Erteilung des Bleiberechts für eine Ausbildung ausgeschlossen. Strittig ist gelegentlich die Frage, ob eine Erteilung bei (erneuter) Antragstellung nach einer nicht durchgeführten Abschiebung möglich bleibt, solange zu diesem Zeitpunkt keine neuen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet wurden. Der Wortlaut „steht bevor“ im Präsens suggeriert dies. Auch sind positive Fälle aus der Praxis bekannt.

Fest steht jedoch durch die Anwendungshinweise des BMI zum § 16g AufenthG bzw. zum § 60c AufenthG, dass der maßgebliche Zeitpunkt des Vorliegens von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Zeitpunkt der Antragstellung ist. Somit kann nach einem gestellten Antrag die Erteilung nicht einfach mit Verweis auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen versagt werden, wenn die mit der Abschiebung beauftragte Behörde erst nach der Antragstellung beispielsweise einen Flug gebucht hat.

Die Anwendungshinweise geben darüber hinaus wertvolle Informationen auch hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen:

ad a)

Kommt die ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit zum Ergebnis einer nur vorübergehenden Reiseunfähigkeit, gilt der Ausschlussgrund fort und die Erteilung bleibt ausgeschlossen.

ad b)

Entscheidend ist hier die Antragstellung der Ausreiseförderung und deren Bewilligung. Wurde der Antrag vor Antrag auf Ausbildungsduldung/-aufenthaltserlaubnis gestellt und bewilligt, ist die Erteilung der Ausbildungsduldung ausgeschlossen. Jedoch führt ein nach Erhalt der Ausbildungsduldung/-aufenthaltserlaubnis gestellter Antrag auf Ausreiseförderung nicht zum Erlöschen der Ausbildungsduldung/-aufenthaltserlaubnis. Selbstverständlich erlöscht allerdings die Ausbildungsduldung im Falle einer tatsächlichen Ausreise. Die Problematik besteht naturgemäß nicht mit einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 16g AufenthG, da damit das Reisen erlaubt ist und keine Ausreisepflicht besteht.

ad c)

Dieser Punkt ist besonders wichtig, da daraus hervorgeht, wann eine Abschiebung tatsächlich als geplant gelten darf und wann nicht. Das BMI schreibt:

„Die Buchung von Transportmitteln für die Abschiebung ist insbesondere dann eingeleitet, wenn für den konkret benannten Ausländer ein Flug gebucht wurde, er in eine Liste für eine bevorstehende Sammelrückführung aufgenommen bzw. die Durchführung einer Rückführung bei einer hierfür zuständigen Behörde ersucht wurde oder die Ausländerbehörde über einen gesonderten Rückführungsbereich verfügt, der ausschließlich die praktische Durchführung von Rückführungen betreibt und die Ausländerakte oder zur Vorbereitung der Rückführung erforderliche Unterlagen innerhalb der Ausländerbehörde zur Buchung von Transportmitteln an diese Organisationseinheit oder eine zentrale Behörde übergeben wurde. Soweit in dem jeweiligen Land standardmäßig jede Akte eines Geduldeten unabhängig von dem Verfahrensstand in Zusammenhang mit der Aufenthaltsbeendigung an eine zentrale Ausländerbehörde abgegeben wird, ist damit dieser Ausschlussgrund jedoch nicht gegeben.“

Insbesondere der letzte Satz ist relevant für Hessen, da hier per Verordnung geregelt wurde, dass die Regierungspräsidien, welche die Abschiebungen organisieren, ebenfalls über die Belange Geduldeter entscheiden, genauer gesagt über Duldungserteilungen, -verlängerungen und Arbeitserlaubnisse.

ad d)

Hiermit sind keine beliebigen Maßnahmen gemeint, sondern insbesondere behördliche Anordnungen, die die Durchführung einer Abschiebung betreffen wie Sicherungshaft und Ausreisegewahrsam, aber ebenfalls Terminvereinbarungen, um zur Vorbereitung einer Abschiebung bei der Botschaft oder einer Botschaftsdelegation des Herkunftslands vorzusprechen.

ad e)

Hiermit ist die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats im Rahmen der Dublin-III-Verordnung gemeint. Der Punkt besagt, dass es nicht möglich ist, eine Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis zu erhalten, bevor nicht nach erfolgter Prüfung oder Ablauf der Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf Deutschland übergegangen ist. (In diesem Fall erhalten Betroffene zunächst eine Aufenthaltsgestattung und müssen den Ausgang des nationalen Verfahrens abwarten. Der Punkt bezieht sich also auf die Zeit vor dem Asylverfahren, in der mitunter eine Duldung ausgestellt wird).

Weitere Ausschlussgründe

Ausschlussgrund gemäß § 60a Abs. 6 AufenthG

Die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis ist gem. § 60c Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ausgeschlossen, wenn ein Ausschlussgrund nach § 60a Abs. 6 AufenthG vorliegt. Nach diesem Paragraphen darf Geduldeten die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

„1. er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2. aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründe, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3. er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates ist“,

und er nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, der abgelehnt und zurückgenommen wurde, oder kein Asylantrag gestellt wurde.

In der Praxis ist vor allem die Nummer 3 relevant. Personen aus den sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ unterliegen grundsätzlich einem Arbeitsverbot und sind deshalb ebenfalls von allen weiteren Bleiberechten ausgeschlossen. Zu den sicheren Herkunftsstaaten zählen (seit Dezember 2024) die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien (neu), Ghana, Kosovo, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik, Montenegro, Republik Moldau (neu), Senegal und Serbien. Die Kategorie ist ein politisches Konstrukt und im schlechten Sinne ein Pendant zum Konstrukt der „guten Bleibeperspektive“, das seinerseits keine Relevanz mehr aufweist.

Die Nummer 1 ist in der Praxis selten relevant. Hier liegt die Nachweispflicht zudem bei der Ausländerbehörde, die den Anforderungen an eine solche Beweisführung in den allerwenigsten Fällen genügen dürfte.

Die Nummer 2 bezieht sich insbesondere auf Fälle, in denen Geduldeten die Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten vorgeworfen wird.

Arbeitsverbot bzw. Duldung nach § 60b AufenthG

Dieser Ausschlussgrund ergibt sich implizit aus der Voraussetzung „Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG“. Mit einer Duldung für Personen mit ungeklärter Identität nach § 60b AufenthG ist kein Antrag möglich!

3 Monate Vorduldungszeit nicht erfüllt

Die Voraussetzung einer Vorduldungszeit von über 3 Monaten wurde bereits im obigen Abschnitt thematisiert. Hier soll lediglich klargestellt werden, dass sich diese Bestimmung im Gesetz als Ausschlussgrund definiert ist. Das BMI schreibt in seinen Anwendungshinweisen dazu, dass die bloße Ausreisepflicht im Anschluss das Asylverfahren nicht genügen würde. So sei eine „lediglich faktische Tolerierung“ nicht ausreichend. Stattdessen komme es auf die Duldungsbescheinigung („Besitz einer Duldung“) an. In der Praxis lässt sich das kaum halten. Denn in wenigen Fällen erhalten Geduldete nach Ablauf ihrer Ausreisefrist auch umgehend eine Duldung, selbst wenn tatsächlich Duldungsgründe vorliegen. Das BMI zielt hier darauf ab, dass den Behörden die Möglichkeit geboten werden soll, eine Abschiebung innerhalb der drei Monate nach dem Asylverfahren durchzuführen. Umgekehrt muss mit der Rechtsprechung dagegen gehalten werden, dass auch in Zeiten, in denen die Abschiebung zwar möglich wäre, aber nicht betrieben wird, der Anspruch auf eine Duldungsbescheinigung besteht. Von daher sollte im Antragsverfahren – wenn auch unter Vorbehalt – immer vom Datum der Ausreisefrist ausgegangen werden.

Ausschlussgrund gemäß § 19d Abs. 1 Nr. 6 oder 7 AufenthG, Ausweisungsverfügung und Abschiebungsanordnung

Die ersten Gründe beziehen sich auf die Voraussetzungen des § 19d AufenthG, der die Anschlussnorm der Ausbildungsduldung ist. Der Ausschlussgrund gilt analog auch für die Ausbildungsaufenthaltserlaubnis gem. § 16g AufenthG, obwohl diese eine eigene Anschlussregel in § 16g Abs. 8 AufenthG hat, jedoch unter den gleichen Voraussetzungen.

Gemeint sind mit diesen Ausschlussgründen a) Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen oder deren Unterstützung sowie b) strafrechtliche Verurteilungen wegen einer vorsätzlichen Straftat in Deutschland. Damit gibt es eine weitere Voraussetzung für die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis: Straffreiheit. Hier bleiben Strafmaße von bis zu 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen (bei ausländerrechtlichen Delikten) außer Betracht. Andernfalls bleibt nur, sich beim Bundeszentralregister nach den Tilgungsfristen zu informieren und diese Zeitspanne abzuwarten.

Es dürfen keine Ausweisungsverfügung oder eine Abschiebungsanordnung gem. § 58a AufenthG gegen die Antragsteller bestehen. Die Ausweisung wird angeordnet, wenn ein besonderes Ausweisungsinteresse (gem. § 54 AufenthG) gegen einen Ausländer, der sich in Deutschland aufhält, besteht (unabhängig vom Aufenthaltsstatus), und hängt i.d.R. mit bestimmten Vergehen und Strafmaßen zusammen. Eine Abschiebungsanordnung dagegen wird zur „Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr“ und ohne vorherige Ausweisung erlassen.

Die Ausschlussgründe nach § 19d Abs. 1 Nr. 6 und 7 AufenthG sowie die Ausweisungsverfügung oder Abschiebungsanordnung führen immer auch zum Verlust einer Ausbildungsduldung oder -aufenthaltserlaubnis, wenn sie nachträglich festgestellt werden.

Die Voraussetzung, ein ausreichendes Ausbildungsgehalt oder anderweitige Mittel zur Lebensunterhaltssicherung aufzubringen, gilt nur für die Aufenthaltserlaubnis zur Ausbildung nach § 16g AufenthG. Diese Voraussetzung ergibt sich nicht als spezielle Voraussetzung des Aufenthaltstitels selbst, sondern aus den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gem. § 5 AufenthG. Neben dem Passbesitz ist die Lebensunterhaltssicherung einer der beiden zusätzlichen Voraussetzungen für ein „Upgrade“ der Ausbildungsduldung zu einer Aufenthaltserlaubnis.

In § 2 Abs. 3 S. 5 AufenthG wird die Höhe der nötigen Mittel bestimmt. Die Unterscheidung zwischen Einkommen und Mitteln ist hier durchaus relevant, da dem Gesetzestext nach diese Mittel nicht ausschließlich durch eigenes Einkommen gedeckt werden müssen. Auch unschädliche Sozialleistungen (zum Beispiel Kindergeld und Mittel der Arbeits- und Ausbildungsförderung wie BAB) können angerechnet werden.

Geduldete müssen über Mittel in Höhe des Höchstsatzes nach § 12 BAföG verdienen. Der Höchstsatz wird regelmäßig angeglichen und lässt sich unter diesem Link einsehen. Entscheidend ist die Schulform bzw. „Ausbildungsstätte“, im Falle einer qualifizierten Berufsausbildung ist das die Schulform Nummer 2: Berufsfachschul- und Fachschulklassen.

Hieraus ergeben sich für das Schuljahr 2024/2025 geforderte Mittel in Höhe von bis zu 803 €, abhängig von zwei weiteren Faktoren:

Geforderte Mittel nach § 12 BAföG (Stand Juli 2024)
Bei den Eltern wohnendInkl. KV/PV ZuschlagNicht bei den Eltern wohnendinkl. KV/PV Zuschlag
276 €413 €666 €803 €
Quelle: bafög.de

Wie in der Einleitung bereits bemerkt, führt diese Voraussetzung zum de facto Ausschluss derjenigen, die nicht genügend Ausbildungsgehalt verdienen, eine rein schulische Ausbildung betreiben oder keine Ansprüche auf Ausbildungsförderung haben.

Nebentätigkeiten

Der § 16g Abs. 3a AufenthG sollte hier zumindest teilweise Abhilfe schaffen. Demnach sind Nebentätigkeiten (zur LUS) von bis zu 20 Wochenstunden erlaubt, analog zur Neuregelung in § 16a AufenthG (Aufenthalt zur Berufsausbildung).

In den Anwendungshinweisen zum neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz stellt das BMI überdies klar: Nebentätigkeiten zur Lebensunterhaltssicherung sind ausdrücklich erlaubt, zumindest dann, wenn Sie nicht mit der Ausbildung in Konflikt geraten. Denn die Reduzierung der Ausbildung auf eine Ausbildung in Teilzeit, um eine Nebentätigkeit ausüben zu können, ist nicht erlaubt. Die Möglichkeit einer Ausbildung in Teilzeit besteht nur, wenn andere Gründen wie Pflege- und Erziehungsverhältnisse vorliegen.

Eine weitere Klarstellung des BMI betrifft die Zeit bis zum Beginn der Ausbildung, während der Suche nach einem Arbeitsplatz im Anschluss an die Ausbildung oder während der Suche nach einer neuen Ausbildung nach Abbruch. In diesen Zeiträumen ist weder die Aufenthaltserlaubnis (wegen fehlender LUS) in Gefahr. Noch sind Nebentätigkeiten auf 20 Stunden pro Woche beschränkt. In dieser Zeit ist eine Vollzeitbeschäftigung möglich. Die Nebentätigkeit sollte allerdings grundsätzlich immer in einer „vom Zweck (der Ausbildung) unabhängigen Beschäftigung“ (§ 16g Abs. 3a AufenthG) bestehen.

Leider gibt es keine dergleichen Regelungen für die klassische Ausbildungsduldung. Hier kann zwar eine Beschäftigungserlaubnis für Beschäftigungen vor, während oder nach der Ausbildungszeitraum erteilt werden, jedoch im Ermessen der Ausländerbehörde. Ein Anspruch auf Erteilung der Beschäftigungserlaubnis besteht für Geduldete mit Ausbildungsduldung nur hinsichtlich der Ausbildung selbst.

Andere Mittel

Grundsätzlich sind andere Mittel wie unschädliche Sozialleistungen, Wohngeld oder auch Unterhaltsleistungen ebenfalls denkbar, um die Lebensunterhaltssicherung zu gewährleisten. Beispielsweise kann Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beantragt werden. Keinen Anspruch auf BAB (oder BAföG) haben allerdings Auszubildende in Zweitausbildung oder in rein schulischen Ausbildungen! Diese müssen auf andere Mittel zurückgreifen können.

Die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis kann bis zu sieben Monate vor Ausbildungsbeginn beantragt und bis zu sechs Monate vor Ausbildungsbeginn erteilt werden. (§§ 60c Abs. 3 und 16g Abs. 3 AufenthG)

Voraussetzung hierzu ist neben der Vorlage des Ausbildungsvertrags auch der Nachweis über die Eintragung in das Berufsausbildungsverzeichnis der Handwerkskammern bzw. der zuständigen Stellen oder der Nachweis über die Beantragung des Eintrags. Dies dient den Ausländerbehörden nicht nur dazu, das tatsächlich existierende Ausbildungsverhältnis zu belegen, sondern auch, um die Richtigkeit der Vertragsinhalte bestätigt zu wissen. Ist eine Eintragung ins Berufsausbildungsverzeichnis nicht nötig, bedarf es eines Ausbildungsvertrags mit einer Bildungseinrichtung oder der Zustimmung einer staatlich anerkannten Bildungseinrichtung zum Ausbildungsvertrag.

In den Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung lediglich der Antrag auf die Eintragung ins Berufsausbildungsverzeichnis vorlag, ist der Nachweis über die vorgenommene Eintragung zeitnah nachzureichen. Dies alles liegt in der Eigenverantwortung der Antragsteller:in.

Das BMI hat in seinen Anwendungshinweisen dem Umstand Rechnung getragen, dass viele Geduldete zwar eine Ausbildungsplatzzusage erhalten, diese jedoch häufig an die Bedingung geknüpft ist, dass zunächst Sicherheit über den zukünftigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder eine Arbeitserlaubnis hergestellt wird. Mit anderen Worten, bei einer Duldung und noch dazu einer Duldung ohne uneingeschränkte Arbeitserlaubnis, sind selbst sehr wohlgesinnte Arbeitgeber nach wie vor vorsichtig. Um – wie das BMI schreibt – eine „Patt-Situation“ zu vermeiden, soll auch folgendes Verfahren möglich sein, um die Antragstellung auf eine Ausbildungsduldung- bzw. aufenthaltserlaubnis einzuleiten:

Der Arbeitgeber verfasst eine schriftliche Ausbildungsplatzzusage und übersendet diese gemeinsam mit einer „prüffähigen“ Version des Vertrags der zuständigen Ausländerbehörde. Daraufhin gibt die Ausländerbehörde dem Arbeitgeber schriftlich die Zusicherung über die Erteilung der Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis, sobald der unterzeichnete Vertrag und die Eintragung (s.o.) vorliegt und sofern alle anderen Voraussetzungen vorliegen.

Das bedeutet, das Antragsverfahren kann bereits mit einer Ausbildungsplatzzusage begonnen werden, und insofern es sich um einen Rechtsanspruch und die Beabsichtigung der Erteilung handelt, sollten hier bereits aufenthaltsbeendende Maßnahmen ausgesetzt werden. Dies alles gilt aber nur dann, wenn nicht bereits konkrete aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet wurden (siehe unten unter „Ausschlussgründe“). Die eigentliche Erteilung und Ausstellung einer Duldung gem. § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG bzw. eines Aufenthaltstitels gem. § 16g AufenthG und damit Rechtssicherheit kann aber erst mit der Vorlage des Vertrags und eines Nachweises über die Eintragung in das Berufsausbildungsverzeichnis erfolgen.

Die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis wird immer für den im Ausbildungsvertrag benannten Ausbildungszeitraum erteilt und wird nur unter bestimmten Umständen verlängert. (Mehr dazu unten im Abschnitt „Wechsel oder Abbruch der Ausbildung“)

Besteht die Inhaber:in einer Ausbildungsduldung oder -aufenthaltserlaubnis die Abschlussprüfung nicht, ist auf Antrag der Inhaber:in die Duldung bzw. der Aufenthaltstitel um höchstens ein Jahr zu verlängern. Dies ist ein Anspruch, der unabhängig davon ist, ob a) der Ausbildungsbetrieb einer Fortführung der Ausbildung bzw. der Wiederholungsprüfung zustimmt und b) ob es wahrscheinlich ist, dass die Wiederholungsprüfung bestanden wird.

Wechsel oder Abbruch der Ausbildung

Der Wunsch nach einem Wechsel der Ausbildung kann vielfältige Gründe haben. Ebenfalls kann eine Ausbildung aus anderen Gründen abgebrochen werden. In beiden Fällen besteht grundsätzlich nicht die Gefahr, dadurch die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis zu verlieren.

Wird eine Ausbildungsduldung oder -aufenthaltserlaubnis abgebrochen, ist es zunächst einmal unerheblich, ob dies aufgrund von Erfolglosigkeit, Arbeitsklima, Diskriminierung, einem anderen Berufswunsch oder sonstigen Gründen erfolgt. Ebenso ist es unerheblich, ob ein Wechsel in ein anderes Berufsfeld oder gar eine andere Schulform erfolgen soll. Auch der Zeitpunkt des Abbruchs darf nicht von der Ausländerbehörde berücksichtigt werden. Vielmehr kann eine neue Ausbildungsduldung bzw -aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Dabei gelten die gleichen Erteilungsvoraussetzungen. (Vgl. BMI Anwendungshinweise zu § 60c AufenthG bzw. § 16g AufenthG)

Gem. § 60c Abs. 5 AufenthG bzw. § 16g Abs. 4 AufenthG ist im Falle eines Abbruchs zunächst die Bildungseinrichtung dazu verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen eine Mitteilung gegenüber der Ausländerbehörde zu machen und diese über die Tatsachen, Namen und Staatsangehörigkeit ihres ehemaligen Azubis zu informieren.

Wird eine Ausbildung abgebrochen, ohne dass bereits ein neues Ausbildungsverhältnis gefunden wurde, dann sind sowohl Ausbildungsduldung als auch Ausbildungsaufenthaltserlaubnis einmalig um sechs Monate zu verlängern (§§ 60c Abs. 6, 16g Abs. 5 AufenthG), um die Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz zu ermöglichen. Die Gesetzesformulierung „ist zu verlängern“ zeigt, dass es sich um einen Anspruch handelt, es gibt hier keine Ermessensspielraum der Ausländerbehörde.

Jedoch ist eine Verlängerung zur Ausbildungsplatzsuche über diese sechs Monate hinaus nicht möglich. Und die Anwendungshinweise zur neuen Ausbildungsaufenthaltserlaubnis weisen (im Gegensatz zu denen zur Ausbildungsduldung) darauf hin, dass die Verlängerung des Aufenthaltstitels nur einmalig erfolgen kann, das heißt, eine Verlängerung der Ausbildungsaufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildungsplatzsuche ist nicht möglich nach einem zweiten Abbruch der Ausbildung.

Wird eine neue Ausbildung aufgenommen, ob in einem nahtlosen Übergang oder nach einer Periode der Ausbildungsplatzsuche, dann wird die Ausbildungsduldung bzw. -aufenthaltserlaubnis neu befristet und zwar über den gesamten Zeitraum der neuen Ausbildung. Sie kann dann, zum Beispiel bei einer Wiederholung der Abschlussprüfung, auch erneut verlängert werden, solange die Ausbildung weiter betrieben wird. Wie bereits geschildert, muss die neue Ausbildung den gleichen Maßgaben wie die ursprüngliche Ausbildung entsprechen, es gelten alle ursprünglichen Erteilungsvoraussetzungen. Das ist auch der Fall, wenn es sich um eine (zweite) Assistenz- oder Helferausbildung handelt.

Bitte hierzu die Voraussetzungen im Detail s.o. beachten!

Anschlussregeln der Ausbildungsduldung und -aufenthaltserlaubnis

Spätestens nach erfolgreichem Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung winkt Geduldeten eine Aufenthaltserlaubnis und damit perspektivisch ein langfristig legalisierter Aufenthalt in Deutschland.

Seit der Einführung der neuen Ausbildungsaufenthaltserlaubnis für Geduldete hat sich hier etwas verschoben. Wie eingangs bereits geschildert führte die Gesetzesänderung vor allem zu einer Schlechterstellung der Ausbildungsduldung. Diejenigen Geduldeten, die unmittelbar in eine Aufenthaltserlaubnis wechseln können, sind klar bevorteilt, wenn es darum geht, die Zeiten der Ausbildung für die Niederlassungserlaubnis oder die Einbürgerung anrechnen zu lassen. Andere Vorteile wie die Möglichkeit zu Reisen oder bessere Sozialleistungen sind ebenfalls zu erwähnen.

Für Geduldete in Ausbildungsduldung ergibt sich die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis mit diesen genannten Vorteilen zu erhalten, erst nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung, wenn eine Beschäftigung im Ausbildungsberuf aufgenommen wird. In beiden Fällen aber ist jeweils eine spezifische Aufenthaltserlaubnis als Anschlussnorm vorgesehen. Obwohl es sich um zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen handelt, wurde auch hier hinsichtlich der Voraussetzungen schlicht diejenigen der früheren Regelung in die neue übernommen. Im Falle der Ausbildungsduldung ist das also der § 19d Abs. 1a AufenthG, im Falle der Ausbildungsaufenthaltserlaubnis der § 16g Abs. 8 AufenthG.

§ 19d Abs. 1a AufenthG

Der § 19d AufenthG ist ein Aufenthaltstitel für inländisch qualifizierte Geduldete zum Zweck der Beschäftigung und steht Geduldeten unabhängig von der Ausbildungsduldung offen, obwohl die Aufenthaltserlaubnis gem. § 19d Abs. 1 AufenthG keine Anspruchsregelung ist. Denn in § 19d Abs. 3 ist geregelt, dass dieser Aufenthaltstitel auch unter Absehen der Visumspflicht gem. § 5 Abs. 2 AufenthG und unter Absehung der Ausschlussgründe nach negativem Asylverfahren gem. § 10 Abs. 3 AufenthG erteilt werden darf. Sogar ein Wechsel aus einem anderen Bleiberecht in einen Aufenthalt nach § 19d Abs. 1 AufenthG ist gem. § 19d Abs. 4 AufenthG möglich.

Der Unterschied zwischen der Antragstellung als Geduldeter mit und ohne Ausbildungsduldung besteht darin, dass für Inhaber:innen einer Ausbildungsduldung der § 19d Abs. 1a AufenthG Anwendung findet. Dieser ist im Gegensatz zu Absatz 1 des Paragraphen eine Anspruchsnorm, es gibt kein Ermessen. Personen, die ohne Ausbildungsduldung eine Ausbidung abgeschlossen haben (zum Beispiel schon vor Abschluss des Asylverfahrens, als noch kein Duldungsstatus vorlag oder aufgrund von nicht getilgten Vorstrafen), sind hier benachteiligt, selbst wenn mit dem „Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0“ dieser erste Absatz von einer „kann“ in eine „soll“ Regelung umgewandelt und dadurch aufgewertet wurde. Der Ermessenspielraum der Ausländerbehörde hat sich damit stark eingeschränkt und eine Ablehnung ist nur noch in „atypischen“ Fällen möglich.

Hiervon abgesehen sind die Voraussetzungen in beiden Konstellationen nahezu identisch, es entfallen in § 19d Abs. 1a AufenthG lediglich diejenigen, die bereits mit Erteilung der Ausbildungsduldung als erfüllt angesehen werden dürfen.

Die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 19d Abs. 1a AufenthG

Eine wichtige, wie immer implizierte Voraussetzung, die sich aus den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG ergibt, ist zunächst der Passbesitz. Da Geduldete mit Ausbildungsduldung vor Abschiebungen geschützt sind, ist es nicht nur unbedenklich, sondern auch notwendig, in der Zeit bis zum Abschluss der Ausbildung den Nationalpass beschafft zu haben, oder die notwendigen Nachweis über die Nichtzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit der Passbeschaffung besorgt zu haben. Andernfalls ist der Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis im Anschluss an die Ausbildung ausgeschlossen.

Ebenfalls aus § 5 AufenthG ergibt sich die Notwendigkeit der vollständigen Lebensunterhaltssicherung. Da es keine abweichende Formulierung in § 19d AufenthG gibt, können hier aber sämtliche unschädlichen Sozialleistungen (§ 2 Abs. 3 AufenthG) oder andere Mittel einbezogen werden.

Eine weitere wichtige Voraussetzung ist die Art der Tätigkeit. Es muss sich bei der Beschäftigung um eine „der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechende( ) Beschäftigung“ handeln (§ 19d Abs. 1a AufenthG). Erst nach Ablauf von zwei Jahren berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zu einer Beschäftigung in jedem beliebigen Berufsfeld. Daher die Bezeichnung 3+2-Regelung für dieses Bleiberecht (drei Jahre Ausbildung und zwei Jahre Berufstätigkeit ergeben uneingeschränktes Bleiberecht).

Die weiteren Voraussetzungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • ausreichender Wohnraum
  • ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache
  • keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen oder Unterstützung derselben
  • keine Straftaten über 50 bzw. 90 Tagessätze

Die letzten beiden Voraussetzungen sind oben bereits unter Ausschlussgründe behandelt worden. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sind Kenntnisse auf dem Niveau B1. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung sollten diese Kenntnisse nachgewiesen sein. Eine Ausnahmeregelung mit Bezug auf das Spracherfordernis gibt es im Bezug auf dieses Erfordernisse in § 19d AufenthG nicht.

Bleibt noch etwas zu ausreichender Wohnraum zu sagen. Was darunter zu verstehen ist, ist in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz definiert:

„Ausreichender Wohnraum ist (…) stets vorhanden, wenn für jedes Familienmitglied über sechs Jahren zwölf Quadratmeter und für jedes Familienmitglied unter sechs Jahren zehn Quadratmeter Wohnfläche
zur Verfügung stehen und Nebenräume (Küche, Bad, WC) in angemessenem Umfang mitbenutzt werden können. Eine Unterschreitung dieser Wohnungsgröße um etwa zehn Prozent ist unschädlich.“

Eine strittige Frage dabei ist, inwiefern Personen, die in einer „Anschlussunterbringung“ (Gemeinschaftsunterkünfte, in einigen Kommunen Obdachlosenunterkünfte) leben, in die sie zugeteilt wurden. Werden die Nutzungsgebühren von der Bewohner:in gezahlt und ist trotzdem die Lebensunterhaltssicherung gewährleistet, sollte es hier keine Probleme geben. Gerade bei mehreren Personen im Haushalt kann es bei den horrenden Unterbringungsgebühren allerdings zu finanziellen Problemen führen. In jedem Fall ist – auch mit Hinblick auf das gleiche Erfordernis bei der späteren Niederlassungserlaubnis und der Einbürgerung – möglichst auf eine (ggf. auch kostengünstigere) Alternative auf dem Wohnungsmarkt zu verweisen, selbst wenn eine Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht alleine deshalb ausgeschlossen ist, weil eine Gemeinschaftsunterkunft o.ä. bewohnt wird.

§ 16g Abs. 8 AufenthG

Geduldete, die eine Aufenthaltserlaubnis gem § 16g AufenthG erhalten haben, können keine Aufenthaltserlaubnis gem. § 19d Abs. 1a AufenthG beantragen. Für sie wurde mit dem § 16g Abs. 8 AufenthG eine eigene Rechtsgrundlage geschaffen, die ebenfalls eine Anspruchsnorm ist.

Die Aufenthaltserlaubnis teilt alle Voraussetzungen mit § 19d Abs. 1a AufenthG. Ebenfalls in Anlehnung an § 5 AufenthG muss die Passpflicht und die Lebensunterhaltssicherung (hier: weiterhin) gewährleistet sein. Auch muss eine der beruflichen Qualifikation entsprechende Beschäftigung zunächst für zwei Jahre ausgeübt werden. Erst danach ist eine Beschäftigung in jedem beliebigen Berufsfeld möglich.

Auch die weiteren Voraussetzungen: ausreichender Wohnraum, Spracherfordernis B1, keine Bezüge zu Extremismus oder Terrorismus und Straffreiheit gelten hier analog. Daher bitte die obigen Ausführungen berücksichtigen!

Verlust und Widerruf der Ausbildungsduldung oder -aufenthaltserlaubnis und ihrer Anschlussnormen

Sowohl die ausbildungsduldung als auch die Ausbildungsaufenthaltserlaubnis sowie ihre jeweiligen Anschlussregelungen nach §§ 19d Abs. 1a und 16g Abs. 8 AufenthG können widerrufen werden bzw. erlöschen.

§ 60c AufenthG

Die Ausbildungsduldung erlischt gem. § 60c Abs. 4 AufenthG,

„wenn ein Ausschlussgrund nach Absatz 2 Nummer 4 eintritt oder die Ausbildung vorzeitig beendet oder abgebrochen wird.“

Mit dem Ausschlussgrund sind Bezüge zu Extremismus oder Terrorismus, Straffälligkeit (über 50 bzw. 90 Tagessätze) oder auch eine erlassene Ausweisungsverfügung gemeint. Was die vorzeitige Beendigung angeht, so bleibt in diesem Fall die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 19d Abs. 1a AufenthG bei Berufsaufnahme sowie die einmalige Verlängerung der Ausbildungsduldung um sechs Monate zur Suche nach einer Stelle. Bei vorzeitigem Abbruch besteht die Möglichkeit einer (einmaligen) Verlängerung der Ausbildungsduldung um sechs Monate, um einen neuen Ausbildungsplatz zu finden. (Vgl. obigen Abschnitt). Die Ausbildungsduldung „erlischt“ in beiden Fällen, insofern sie nicht mehr bis zum vorgesehenen Ende der abgebrochenen Ausbildung befristet sein kann.

§ 16g Abs. 1 bzw. Abs. 5 AufenthG

Die Voraussetzung sind hier identisch, bloß dass gem. § 16g Abs. 7 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis in den genannten Fällen „widerrufen“ wird.

§ 19d Abs. 1a AufenthG

Typischerweise kann eine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert werden oder droht der Widerruf, wenn die Erteilungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen. Im Falle der Anschlussnorm der Ausbildungsduldung gibt es noch einen zusätzlichen speziellen Grund für einen Widerruf. Gem. § 19d Abs. 1b AufenthG, der sich nur auf Inhaber:innen der Aufenthaltserlaubnis, die zuvor eine Ausbildungsduldung innehatten, bezieht, wird die Aufenthaltserlaubnis widerrufen,

„wenn das der Erteilung dieser Aufenthaltserlaubnis zugrunde liegende Arbeitsverhältnis aus Gründen, die in der Person des Ausländers liegen, aufgelöst wird oder der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.“

Diesen zweiten Teil hätte es eigentlich nicht gebraucht und wir kennen ihn bereits aus den Erteilungsvoraussetzungen für einen Aufenthalt nach § 19d Abs. 1a AufenthG.

Der erste Teil des Zitats dagegen verdeutlicht, dass der ersten Arbeitsstelle im Anschluss einer Ausbildung eine besondere Bedeutung beigemessen wird und der oder die ehemalige Azubi gewissermaßen auf die Probe gestellt werden soll. Was „Gründe, die in der Person des Ausländers liegen“ zu bedeuten hat, darüber geben leider weder die alten noch die neuen Anwendungshinweise Auskunft. Es wäre jedoch unsinnig, anzunehmen, dass ein Wechsel auf eine andere Stelle prinzipiell ausgeschlossen wäre, gerade weil es sehr viele denkbare Gründe für einen Wechsel gibt, die nicht in der Person des Ausländers liegen. Es wird allerdings entscheidend sein, diese dann der Ausländerbehörde gegenüber auch klarzumachen, beispielsweise in einer Dokumentation.

§ 16g Abs. 8 AufenthG

Der Wiederruf dieses Aufenthaltstitels wird in § 16g Abs. 9 AufenthG geregelt und entspricht nahezu der aus § 19d Abs. 1b AufenthG. Das bedeutet, dass auch hier ein (selbstverschuldeter) Rauswurf zum Widerruf der Aufenthaltserlaubnis führen kann bzw. wird, denn es handelt sich hier nicht um eine Ermessensfrage. Anstelle der Straffälligkeit wird hier jedoch wieder (wie bei §§ 60c und 16g AufenthG s.o.) auf den Aufschlussgrund „Nr. 4“, also extremistische Bezüge, Straffälligkeit, Ausweisungsverfügung verwiesen. Das gibt zwar rechtlich der Sache wenig hinzu, soll aber Druck erzeugen und hat augenscheinlich v.a. ordnungspolitische Implikationen.