„Gute Bleibeperspektive“ für Afghan:innen – aber nur im Zuständigkeitsbereich des BMAS. Mit dieser Annahme wird für in Deutschland lebende Afghan:innen mit Aufenthaltsgestattung ab sofort der unmittelbare Zugang zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung (DeuFöV) ermöglicht. Durch die Formulierung der Mitteilung des BAMF bezieht sich diese Einschätzung allerdings nicht auf den Zugang zu den Integrationskursen.
Claudius Voigt (Projekt Q/GGUA) kommentiert die Mitteilung wie folgt:
„Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat in einem Rundschreiben vom 15. November mitgeteilt, dass für Asylsuchende aus Afghanistan mit einer Aufenthaltsgestattung nun „im Zuständigkeitsbereich des BMAS“ eine „gute Bleibeperspektive“ angenommen wird. Daher haben sie (ebenso wie Asylsuchende aus Syrien, Eritrea und Somalia) ab jetzt einen Zugang zur berufsbezogenen Deutschsprachförderung (DeuFöV) und wohl auch zu frühzeitigen Maßnahmen der Arbeitsmarktintegration gem. § 39a SGB III (z. B. Förderung aus dem Vermittlungsbudget, Aktivierung und berufliche Eingliederung durch die Arbeitsagentur) ab dem 1. Tag der Einreise.
Die Annahme der „guten Bleibeperspektive“ beschränkt sich demnach jedoch auf den „Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales“. Das Bundesministerium des Inneren nimmt demgegenüber für seinen Zuständigkeitsbereich offenbar weiterhin keine „gute Bleibeperspektive“ an, so dass die Zulassung zu den Integrationskursen für afghanische Asylsuchende bis auf weiteres nur möglich bleibt, wenn sie vor dem 1. August 2019 eingereist und mindestens arbeitsuchend gemeldet sind (vgl: https://www.bamf.de/DE/Themen/Integration/ZugewanderteTeilnehmende/AsylbewerberGeduldete/asylbewerbergeduldete.html?nn=282656).
Asylsuchende Menschen aus Afghanistan haben momentan also – je nach ministerieller Zuständigkeit – zugleich eine gute und keine gute Bleibeperspektive. Abgesehen davon, dass es sich bei der offiziell gewahrsagten „Bleibeperspektive“ seit jeher mehr um ein ideologisches Konstrukt zur Verweigerung von Teilhabechancen für bestimmte Gruppen handelt und weniger um ein objektiv gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium (vgl.: hier), und abgesehen davon, dass bei der Berechnung der „Bleibeperspektive“ weder die skandalös hohe Zahl gerichtlicher Korrekturen der BAMF-Bescheide, noch andere, asylverfahrensunabhängige Aufenthaltsperspektiven überhaupt mit einfließen, dürfen sich die Anhänger*innen der Quantentheorie bestätigt fühlen: Die Bleibeperspektiver ein und derselben Person ist zugleich gut und nicht gut. Schrödingers Katze ist gleichzeitig tot und lebendig.“