Mit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie zum vorübergehenden Schutz wurde Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in großem Umfang und in einem unbürokratischen Verfahren eine Aufenthaltserlaubnis in Europa in Aussicht gestellt. Die europäischen Staaten hatten damit die Möglichkeit einen umfangreichen Personenkreis zu begünstigen.
Mit dem ersten BMI Ländererlass vom 14.03.2022 legte das BMI den privilegierten Personenkreis allerdings enger aus. Insbesondere die dringend erwartete Klärung zu Drittstaatsangehörigen fiel unbefriedigend aus. Nach den Bestimmungen sollen weder Drittstaatsangehörige mit unbefristeten noch solche mit befristeten Aufenthaltstiteln aus der Ukraine einen Anspruch auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erhalten. Die Erteilung wurde stattdessen von der Prüfung abhängig gemacht, ob es den Betroffenen sicher und dauerhaft möglich sei, in ihre Herkunftsländer zurück zu kehren.
Ergänzende Hinweise in weiterem Ländererlass
Die Probleme der Zuständigkeit und mit den Standards dieser Prüfung, die sich aus dem Erlass ergaben, wurden jetzt mit einem zweiten BMI Ländererlass vom 14.04.2022 adressiert. Darüber hinaus wurden weitere Bestimmungen bzgl. des begünstigten Personenkreises getroffen.
Die wichtigsten Neuerungen betreffen also erneut die Drittstaatsangehörigen: nach dem neuen Erlass soll bei Drittstaatsangehörigen, die sich zu Kriegsbeginn mit einem unbefristetem Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben, von der Prüfung ihrer Rückkehrmöglichkeiten durch die Ausländerbehörden abgesehen werden! Im Erlass heißt es wörtlich: „Bei Personen, die sich mit einem nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben, ist prima facie von einer maßgeblichen Verbindung in der Ukraine und damit davon auszugehen, dass sie nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland zurückzukehren, weil eine engere (Wortlaut der Kommission: „sinnvollere“) Bindung zur Ukraine besteht als zum Herkunftsstaat.“ (S. 5; Herv. hfr) Hierauf sind im Zweifelsfall die Ausländerbehörden eindringlich hinzuweisen!
Zugleich wurden Standards für die Prüfung der Rückkehrmöglichkeiten von „sonstigen“ Drittstaatsangehörigen umrissen. Hierzu zählen laut Erlass solche, die sich entweder mit einem befristeten Aufenthaltstitel oder sonst rechtmäßig (nicht: Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen) in der Ukraine aufgehalten haben, d.h. Asylbewerber:innen, die zeit ihres Aufenthaltes in der Ukraine ihren Schutzstatus noch nicht erlangen konnten.
Um festzustellen, ob diese Personen sicher und dauerhaft in ihre Herkunftsländer zurückkehren können, sollen die Ausländerbehörden nun in der Regel analog zur Prüfung von nationalen Abschiebungsverboten verfahren. Zugleich soll die Prüfung zurückgestellt werden, wenn sich andere Optionen für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland ergeben. Im Erlass heißt es wörtlich:
„Die oben genannten Voraussetzungen sind im Wege eines sui-generis-Verfahrens zu ergründen, allerdings können die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG als Maßstab zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 AufenthG herangezogen werden. Zuständige Behörden für die Prüfung dieses Maßstabes im Sinne der zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 AufenthG sind die Ausländerbehörden der Länder im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 24 Absatz 1 und 2 AufenthG. (…)
Besteht begründete Aussicht auf die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (s. unten 8.2), ist die Prüfung einer sicheren und dauerhaften Rückkehrmöglichkeit zunächst zurückzustellen. Bei nicht-ukrainischen Drittstaatsangehörigen, die keinen vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG erhalten, aber bei denen alternativ aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten bestehen, ist von der Nachholung des Visumverfahrens abzusehen (§ 5 Absatz 2 Satz 2, 2. Alternative AufenthG), soweit sie nicht bereits von § 3 i.V.m. § 2 Absatz 1 UkraineAufenthÜV erfasst sind.“
Eine sichere und dauerhafte Rückkehr soll pauschal nicht bei Personen aus den folgenden Herkunftsländern angenommen werden: Afghanistan, Syrien, Eritrea (vgl. „gute Bleibeperspektive“ – unklar ist, ob Somalia dazuzählen wird)!