Das BMI hat jetzt den Gesetzentwurf zum Chancenaufenthaltsrecht auf seiner Homepage veröffentlicht:
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/chancen-aufenthaltsrecht.html
Es werden auch einige andere Dinge mit dem Gesetzentwurf geändert, z.B. wird die Altersgrenze für den § 25a AufenthG auf 27 Jahre heraufgesetzt, die Voraufenthaltszeiten von 4 auf 3 Jahre gesenkt. Im § 25b werden die Voraufenthaltszeiten von 8 bzw. 6 bei Familien auf 6 bzw. 4 Jahre abgesenkt.
Der Wortlaut des Chancenaufenthaltsrechts lautet:
§ 104c Chancen-Aufenthaltsrecht
(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Absatz 1 Nummer 1, 1a und 4 sowie § 5 Absatz 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat und er
1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt und
2. nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylgesetz nur von Ausländern begangen werden können, oder Verurteilungen nach dem Jugendstrafrecht, die nicht auf Jugendstrafe lauten, grundsätzlich außer Betracht bleiben.
Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 1 soll versagt werden, wenn der Ausländer wiederholt vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht hat und dadurch seine Abschiebung verhindert. Für die Anwendung des Satzes 1 sind auch die in § 60b Absatz 5 Satz 1 genannten Zeiten anzurechnen.
(2) Dem Ehegatten, dem Lebenspartner und minderjährigen, ledigen Kindern, die mit einem Begünstigten nach Absatz 1 in häuslicher Gemeinschaft leben, soll unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 eine Aufenthaltserlaubnis auch dann erteilt werden, wenn diese sich am 1. Januar 2022 noch nicht seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten haben. Das Gleiche gilt für das volljährige ledige Kind, wenn es bei der Einreise in das Bundesgebiet minderjährig war. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.
(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 10 Absatz 3 Satz 2 erteilt werden. Sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5. Sie wird für ein Jahr erteilt und ist nicht verlängerbar. Während des Aufenthalts nach Satz 3 kann nur eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a oder § 25b erteilt werden. Der Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels als nach § 25a oder § 25b entfaltet nicht die Wirkung nach § 81 Absatz 4.
(4) Der Ausländer ist spätestens bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis auf die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b und, falls er das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, nach § 25a hinzuweisen. Dabei soll die Ausländerbehörde auch konkrete Handlungspflichten, die in zumutbarer Weise zu erfüllen sind, bezeichnen.“
Die Koalition versucht, den Spielraum der Ausländerbehörden, die Aufenthaltserlaubnis wegen angeblicher Täuschung zu verweigern, klein zu halten. Trotzdem steht natürlich zu befürchten, dass genau dieser Punkt in der Praxis für viele Konflikte sorgen wird.
An die einjährige Aufenthaltserlaubnis kann sich entweder eine AE nach § 25a oder 25b anschließen, wenn man innerhalb des einen Jahres die Bedingungen dafür erfüllt (v.a. Passpflicht, Sprachkenntnisse und Lebensunterhalt). Zeiten einer „Duldung light“ können dann angerechnet werden, allerdings wird die „Duldung light“ mit dem Gesetzentwurf noch nicht endgültig abgeschafft. dies wird hoffentlich zu einem späteren Zeitpunkt geschehen.
Dies ist vorerst nur die Kabinettfassung. Diese wird in den Bundestag gegeben, dort muss es dann drei Lesungen und sehr wahrscheinlich auch noch eine Anhörung geben, voraussichtlich alles erst nach der Sommerpause. Von daher ist mit Inkrafttreten erst im Spätherbst zu rechnen. Daher ist es wichtig, dass es jetzt zeitnah einen Vorgriffserlass aus dem Hessischen Innenministerium gibt, damit diejenigen, die voraussichtlich davon profitieren können, nicht noch schnell abgeschoben werden.