Nachdem im September das gesamte Personal des Afghanischen Generalkonsulats in Bonn geschlossen zurücktrat, scheint das neue Personal, das unter Kontrolle der Taliban steht, die Arbeit wieder aufzunehmen. Auf X (Twitter) ließ das Afghanische Außenministerium entsprechendes verlauten.
Ursprünglich hieß es, konsularische Dienste würden ab dem 19. November wieder aufgenommen werden. Derzeit ist die Webseite des Generalkonsulats allerdings offline und im Umbau. Die Tagesschau berichtet von den ersten Erfahrungen von Afghanen vor Ort; bislang werden anscheinend keine Services angeboten.
Die Besetzung der afghanischen Auslandsvertretungen in Bonn und Berlin mit akkreditierten Taliban-Diplomaten ist ein Skandal. Nicht nur hat das ehemalige Bonner Personal in seiner Rücktrittserklärung selbst auf die Gefahren hingewiesen, die mit dem Zugriff auf Daten von unzähligen Diaspora-Afghan:innen durch die Taliban verbunden sind. Auch erkennt die Bundesregierung die Taliban offiziell nicht an. Auch wurden die beiden Taliban-Vertreter bislang rechtlich nicht in den Stand versetzt, konsularische Funktionen auszuüben (sogenannte Exequatur).
Und dennoch verschafft die Bundesregierung dadurch den Taliban de facto die Kontrolle über die Botschaften in Bonn und Berlin, die bisher unter Leitung von Mitarbeitenden standen, die noch vor der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 ernannt wurden. Wie Innenminister Dobrindt selbst einräumte, stellen den Hintergrund die Bemühungen der Bundesregierung dar, mehr Abschiebungen nach Afghanistan zu ermöglichen. Dafür zahlt die Regierung nicht nur mit einer soft-Anerkennung der Taliban, sondern riskiert, dass sensible Daten über Exil-Afghan:innen nicht nur in Deutschland in die Hände der Taliban gelangen.
„Abschiebungen um jeden Preis“ – für die betroffenen Afghan:innen in Deutschland, die aus vielzähligen Gründen auf konsularische Dienste angewiesen sind, folgt aus dem Motto der Bundesregierung, sich denjenigen aussetzen zu müssen, vor denen sie ursprünglich geflohen sind – eine Unzumutbarkeit, zumal für Schutzberechtigte. Gleichzeitig steht zu erwarten, dass in Zukunft wieder vermehrt zur Passbeschaffung und Identitätsklärung aufgefordert wird, wie ohnehin schon in den vergangenen Jahren zunehmend geschehen.
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