Immer wieder Pakistan…
„Temporärer Ausreisegewahrsam“ im Polizeipräsidium
Morgen erneut Sammelcharter nach Pakistan
Flüchtlingsrat fordert Ende der „Hauptsache-Raus-Politik“
03.02.2020 – Am morgigen Dienstag, den 04.02. soll erneut eine Charterabschiebung von Frankfurt aus nach Pakistan starten. Aus diesem Grund wurde schon in der letzten Woche ein „temporärer Ausreisegewahrsam“ im Polizeipräsidium Frankfurt eingerichtet, d.h. ein Trakt des Polizeipräsidiums übergangsweise zur Abschiebungshaftanstalt umdeklariert.
Eigentlich muss Abschiebungshaft aufgrund europarechtlicher Vorgaben in eigenen Haftanstalten vollzogen werden, der Europäische Gerichtshof hatte im Jahr 2014 die damalige hessische Abschiebungshaftanstalt in Frankfurt für rechtswidrig befunden. Trotzdem scheint das Land Hessen nur fünf Jahre später der Meinung zu sein, dass ein temporärer Ausreisegewahrsam mit dem Europarecht in Einklang zu bringen ist. Schon im September des letzten Jahres war für damals vier Tage ein solcher Ausreisegewahrsam eingerichtet worden. Anscheinend war man so zufrieden mit dem Ergebnis, dass man dies jetzt wiederholt.
„Die Tendenz geht dahin, Abschiebungen aus Behördensicht möglichst reibungslos durchführen zu können, d.h. die Leute frühzeitig abzuholen, zu inhaftieren und dann per Sammelcharter auszufliegen“, erklärte Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrates. „Trotz einer darauf immer weiter angepassten Gesetzeslage halten wir Haftanstalten nach dem Pop-up-store-Prinzip doch für sehr fragwürdig.“
Auch auf dem jetzigen Flieger sind nach Informationen des Flüchtlingsrates wieder ein Mann, dessen Freundin bald ein Kind von ihm erwartet, sowie einige Personen, die die Bedingungen für die neu eingeführte Beschäftigungsduldung, die ja eigentlich einen Abschiebungsschutz darstellen soll, erfüllen.
„Gerade in Bezug auf die Abschiebungen nach Pakistan drängt sich zudem der Eindruck auf, dass hier eine ‚Hauptsache-Raus-Politik‘ betrieben wird. Nach jedem Sammelcharter nach Pakistan bekommen wir Meldungen, dass gut integrierte Menschen aus ihrem Alltag gerissen wurden, dass Familien getrennt wurden, dass Leute, die die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erfüllen, abgeschoben wurden“, fasste Scherenberg die Erfahrungen des Flüchtlingsrates zusammen. „Während bei Afghanistan zu Recht sehr genau geschaut wird und Hessen sich nur sehr eingeschränkt an Abschiebungen beteiligt, ist bei Pakistan genau das Gegenteil der Fall – hier kann es buchstäblich jeden treffen.“
Im letzten Juli wurde beispielsweise ein gerade volljähriges Geschwisterpaar aus dem Wetteraukreis, sie in der 12., er in der 13. Klasse des Gymnasiums, ohne Eltern und minderjährige Geschwister alleine nach Pakistan abgeschoben, obwohl sie alle Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende erfüllten – Abschiebung statt Abi.
Vor genau zwei Jahren wurde der Vater zweier deutscher Kinder völlig überraschend abgeholt und abgeschoben, die Mutter somit zwangsweise zur Alleinerziehenden gemacht. Auch in vielen anderen Fällen wurden Menschen abgeschoben, die hier mit Deutschen verheiratet waren – ihnen wurde immer gesagt, sie könnten ja auf dem Wege der Familienzusammenführung wiederkommen. Dass durch die Abschiebung die Familien über Monate und Jahre hinaus getrennt werden, scheint dabei egal zu sein.
„Wir erwarten von den Behörden, dass sie sorgfältiger prüfen, ob die Menschen ein Aufenthaltsrecht bekommen können und auch die entsprechenden Spielräume dafür nutzen“ bekräftigte Scherenberg die Forderungen des Flüchtlingsrates.
Pakistanische Staatsangehörige sind nach Menschen aus Afghanistan die größte Gruppe der Ausreisepflichtigen in Hessen, zum letzten Stichtag 30.06.2019 waren es 1.379 Personen.