Die gestern veröffentlichte Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung – UkraineAufenthÜV ist heute, 09. März 2022, in Kraft getreten. Den Verordnungsentwurf mit Begründung können Sie im Internet nachlesen oder im Bundesanzeiger finden.
Die Verordnung schafft erstmalig Rechtssicherheit für alle Menschen, die aus der Ukraine geflohen und nicht ukrainische Staatsangehörige sind. Für diese galt die Befreiung von der Visumspflicht innerhalb des Schengenraums für 90 Tage innerhalb von 180 Tagen schon vor Kriegsbeginn. Nun gilt für folgende Personengruppen bis zum 23. Mai 2022 eine Befreiung von der Visumpflicht:
- Alle Menschen, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und ab diesem Datum nach Deutschland eingereist sind oder noch einreisen werden. Dies gilt für ukrainische Staatsangehörige mit oder ohne biometrischen Pass und auch für Drittstaatsangehörige, die bis zum 24. Februar in der Ukraine gelebt haben.
- Ukrainische Staatsangehörige, in der Ukraine anerkannte Flüchtlinge sowie Personen mit internationalem oder gleichwertigem nationalen Schutz, die sich am 24. Februar zwar vorübergehend nicht in der Ukraine aufgehalten haben, die aber zu diesem Zeitpunkt ihren Lebensmittelpunkt in der Ukraine hatten.
- Ukrainische Staatsangehörige, die sich am 24. Februar 2022 in Deutschland (kurzfristig) rechtmäßig aufgehalten haben (z. B. als Tourist*innen mit visumfreiem Aufenthalt). Ein Antrag auf Verlängerung des visumfreien Aufenthalts ist für sie nun nicht mehr erforderlich.
Der Aufenthalt dieser genannten Gruppen ist mindestens bis zum 23. Mai 2022 rechtmäßig. Dies gilt rückwirkend ab 24. Februar 2022.
Drittstaatsangehörige sollten jederzeit Dokumente bei sich führen, die ihren Aufenthalt am oder vor dem 24.02.2022 in der Ukraine belegen.
Darüber hinaus regelt die Verordnung, dass die genannten Gruppen bis 23. Mai 2022 auch einen längerfristigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen können, ohne ein Visumverfahren zu durchlaufen. Es wird dabei nicht geprüft, ob es zumutbar ist, das Visumverfahren aus einem anderen Staat (z. B. dem ursprünglichen Herkunftsstaat) zu betreiben. Dies kann insbesondere wichtig sein für Drittstaatsangehörige und auch Ukrainer*innen, die in Deutschland z. B. die normalen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus familiären Gründen, als Fachkraft, für das berufliche Anerkennungsverfahren, für eine Ausbildung oder für das Studium erfüllen.
Davon abgesehen regelt die Verordnung nicht, ob alle diese Personen (über den durch das BMI bestimmten Personenkreis mit Anspruch) nun eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG erhalten werden. Es ist daher derzeit zu empfehlen, dass alle Betroffenen vor Ablauf des visumsfreien Aufenthalts zumindest den Antrag auf Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG stellen, damit im Zweifel über den 23. Mai hinaus bis zur endgültigen Entscheidung darüber Fiktionswirkung besteht.
Bitte diesen Absatz unter Vorbehalt betrachten: Für Personen, die nach derzeitiger Auffassung des BMI noch keinen gesetzlichen Anspruch auf die Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz geltend machen können, ist derzeit nach wie vor zu empfehlen, bei akutem Bedarf beim Sozialamt die sog. Überbrückungsleistungen nach § 23 SGB XII zu beantragen. Zwar hat Hessen einen entsprechenden Erlass herausgegeben, der regelt, dass die Bitte um Unterstützung regelmäßig Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG entfalten soll. Dies aber ist mit Hinblick auf Ansprüche nach § 24 AufenthG gedacht und kann in Fällen, wo auch später kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG besteht, möglicherweise zu Problemen führen. Denn hier wurde eine rechtliche Konstruktion geschaffen, die diese Bitte um Unterstützung als Asylgesuch wertet.