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PE: HDP-Aktivistin akut von Abschiebung in die Türkei bedroht

HDP-Aktivistin akut von Abschiebung in die Türkei bedroht

Bereits zu sechs Jahren Haft verurteilt Erster Abschiebungsversuch gescheitert

09.04.2021 – Nazdar E., eine Aktivistin der kurdischen HDP, die in der Türkei verfolgt wird, wurde gestern überraschend im Landkreis Waldeck Frankenberg abgeholt und zum Flughafen Frankfurt gebracht. Weil sie passiven Widerstand gegen die Abschiebung leistete, wurde diese abgebrochen, derzeit befindet sie sich in der Abschiebungshaft in Darmstadt. Am Montag soll über eine Verlängerung der Abschiebungshaft entschieden werden.

Wegen verschiedener Aktivitäten für die kurdische Partei DTP (einer legalen Kurdenpartei, die auch im türkischen Parlament vertreten war und 2009 verboten wurde – ähnlich dem Schicksal, welches der HDP derzeit droht) wurde sie auch angeklagt, saß fünf Jahre in Untersuchungshaft und wurde in Abwesenheit im Januar 2018 vom „Gericht für Schwere Strafsachen“ zu sechs Jahren Haft verurteilt, das Urteil wurde im Jahr 2019 vom türkischen Kassationsgerichtshof bestätigt. Seitdem ist sie in der Türkei offiziell zur Fahndung ausgeschrieben. Weitere Verfahren gegen sie, u.a. wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“, sind anhängig. In der Türkei ist dies ein übliches Vorgehen gegen Politiker:innen und Aktivist:innen der kurdischen HDP.

„Es steht zu erwarten, dass sie direkt nach der Abschiebung in der Türkei am Flughafen festgenommen und in Haft genommen wird“, erklärte Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrates. „Hier leisten die deutschen Behörden willfährige Unterstützung für Erdogan und seine Häscher und liefern eine Aktivistin direkt in die Arme ihrer Verfolger. Es kann nicht sein, dass von Seiten der Politik immer auf die Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei gepocht wird, in der Praxis dann aber die Opfer des Regimes dorthin abgeschoben werden.“

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag im Jahr 2017 ab, auch das Verwaltungsgericht Kassel wies die Klage dagegen ab. Die Begründung der Richterin: Sie glaube Nazdar E. nicht, dass noch Verfahren gegen sie anhängig seien, auch halte sie die vorgelegten Unterlagen dazu für eine Fälschung. Auch später vorgelegte Unterlagen, die die Echtheit der Verurteilungen belegen, führten nicht dazu, dass das Bundesamt sich des Falles noch einmal annahm.

Hier ist jemand ganz klassisch durchs Gitter des deutschen Asylrechts gefallen. Wir erwarten vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass es sich den Fall von Nazdar E. noch einmal vornimmt und einer genauen Prüfung unterzieht. Bis dahin dürfen die hessischen Behörden, die für die Abschiebung verantwortlich sind, auf keinen Fall Fakten schaffen und die Abschiebung durchführen. Nazdar E. muss sofort aus der Haft entlassen werden“, forderte Scherenberg abschließend von den beteiligten Behörden.