Nach Abschiebeversuch aus stationärer Behandlung: BAMF erkennt junger Frau Schutz zu
PARITÄTISCHER Hessen und Flüchtlingsrat kritisieren Abschiebepraxis der Landesregierung
26.11.2019 – Die junge Frau, die Ende September trotz stationären Aufenthalts in einer psychiatrischen Klinik aus Hessen nach Tadschikistan abgeschoben werden sollte, darf in Deutschland bleiben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat für sie jetzt ein Abschiebeverbot festgestellt. Dieser Schutzstatus wurde der 24-Jährigen aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung in Tadschikistan zugesprochen. Es sei davon auszugehen, „dass die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Tadschikistan keinen erforderlichen Zugang zur erforderlichen medizinischen Versorgung erhalten würde, geschweige denn, diese selbst finanzieren könnte“, heißt es in dem BAMF-Bescheid. Dies wurde als erhebliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben gewertet.
„Wir sind sehr erleichtert, dass mit dieser Entscheidung nun der Erkrankung der jungen Frau Rechnung getragen wird“, kommentiert Dr. Yasmin Alinaghi, Landesgeschäftsführerin des PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverbands Hessen. Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrats betont: „Gleichzeitig zeigt dieser Fall einmal mehr, dass die teilweise sehr harte Abschiebepraxis in Hessen dringend einer Kurskorrektur bedarf.“
Beide Organisationen fordern die Landesregierung erneut auf, den Koalitionsvertrag von CDU und Grünen umzusetzen, in dem es heißt: Wir werden weiterhin alles unternehmen, um Abschiebungen aus Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie Krankenhäusern heraus zu vermeiden.
Die junge Frau ist wegen einer schweren Depression seit August stationär in einer Klinik in Bad Soden untergebracht. Ende September hatte sie die Klinik nur kurz verlassen, um in ihrer Unterkunft in Sulzbach, in der auch ihr Vater und ihre Geschwister leben, ihre Wäsche zu waschen. Kurz nachdem sie dort eingetroffen war, wurde sie von der Polizei festgenommen und zum Flughafen gebracht. Die Bundespolizei brach die Abschiebung nach einer Intervention der Klinik in letzter Minute ab.
Das Regierungspräsidium Darmstadt dürfte spätestens nach diesem gescheiterten Abschiebeversuch gewusst haben, dass sich die junge Frau in stationärer Behandlung befand und nach ärztlicher Einschätzung aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung nicht reise- und transportfähig war. Dennoch forderte die Behörde sie erneut zur Ausreise binnen einer Woche auf und teilte ihr mit, sie müsse ansonsten „täglich mit einem neuen Abschiebeversuch rechnen“.