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Hessen erlässt Vorgriffsregelung zum Chancenaufenthalt

Flüchtlingsrat begrüßt Erlass aus dem Innenministerium

„Wird viel Druck von den Betroffenen nehmen“

Der Hessische Flüchtlingsrat begrüßt, dass jetzt auch Hessen einen Vorgriffserlass auf das so genannte Chancenaufenthaltsrecht herausgegeben hat. Mit diesem Erlass wird geregelt, dass diejenigen, die voraussichtlich unter die kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Bleiberechtsregelung fallen werden, bis zum Inkrafttreten derselben im Herbst nicht abgeschoben werden. In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu Abschiebungen von Menschen gekommen, die kurz vor Erreichen eines Bleiberechts standen – dies wird sich nun hoffentlich ändern.

Es ist ein wichtiges Signal an die langjährig Geduldeten in Hessen, dass sie ab sofort nicht mehr befürchten müssen, noch kurz vor Inkrafttreten der neuen Regelung abgeschoben zu werden. Dies wird viel Druck von den Betroffenen nehmen. Wir erwarten, dass die Ausländerbehörden jetzt auch großzügig von den Spielräumen, die das Gesetz und der Erlass bieten, Gebrauch machen“, kommentiert Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates den Erlass.

Die neue Regelung sieht im Entwurf vor, dass Personen, die vor dem 01.01.2017 nach Deutschland gekommen sind und nur eine Duldung haben, eine einjährige „Probeaufenthaltserlaubnis“ bekommen sollen, um in diesem Jahr die weiteren Kriterien für Bleiberecht zu erfüllen. Diese sind v.a. die Lebensunterhaltssicherung, der Erwerb von Sprachkenntnissen und die Klärung der Identität. Bislang waren Geduldete i.d.R. von Integrationskursen ausgeschlossen und ihnen wurden häufig die Arbeitserlaubnisse verwehrt. Auch können viele von ihnen faktisch keine Passpapiere aus ihrem Herkunftsland bekommen.

Ob das eine Jahr ausreicht, um alle Bedingungen zu erfüllen, wird sich erst rückblickend sagen lassen. Es ist auf jeden Fall eine knapp bemessene Frist für die Menschen, um die Bedingungen zu erfüllen. Man muss bedenken, dass sie jahrelang von sämtlichen Integrationsmaßnahmen und auch dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren“, erklärt Scherenberg abschließend in Frankfurt. „Trotzdem stimmt die Richtung, statt nur auf Aufenthaltsbeendigung zu drängen wird jetzt endlich auch die Perspektive Bleiberecht in den Blick genommen. Dieser Perspektivwechsel war längst überfällig.“

In Hessen lebten zum Stichtag 31.12.2021 laut Ausländerzentralregister 16.718 ausreisepflichtige Personen. Die mit Abstand meisten von ihnen (3.181 Personen oder 19%) kamen aus Afghanistan, gefolgt vom Irak (1.743 Personen oder 10,4%) und Pakistan (1.195 Personen oder 7,2%).

Der Erlass des Innenministeriums findet sich unter:

https://fr-hessen.de/wp-content/uploads/2022/07/2022-07-19_Vorgriffserlass_Chancen-Aufenthaltsrecht.pdf

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