Das Bundesinnenministerium hat mit Schreiben vom 16. August 2023 Bezug auf das Bundesverwaltungsgerichtsurteil vom 11. Oktober 2022 genommen, in dem das BverwG klargestellt hatte, dass die Abgabe einer Reueerklärung zur Identitätsfeststellung als unzumutbar betrachtet werden muss.
Klage führte damals ein eritreischer Staatsangehöriger mit subsidiärem Schutzstatus. Das Urteil bezog sich dahingehend insbesondere auf Personen mit subsidiärem Schutzstatus. In der Praxis kam es dahingehend zu Ablehnung von Anträgen auf den Reisepass für Ausländer bei Personen, die lediglich einen Aufenthaltstitel gemäß dem Nationalen Abschiebungsverboten innehaben. Auch ein Erlass des Hessischen Innenministeriums vom 23. März 2023 zum Urteil des BverwG bezog sich ausdrücklich nur auf eritreische Staatsangehörige mit subsidiärem Schutzstatus.
Mit dem neuen Länderrundschreiben stellt das BMI klar, dass es im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung eine offenere Auslegung des Urteils vertritt, in dem grundsätzlich jede Abgabe einer Reueerklärung als unzumutbar betrachtet werden soll, und zwar unabhängig von Aufenthaltszweck bzw. Schutzstatus und grundsätzlich auch unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Das BMI schreibt im Wortlaut:
„Ein Ausländer kann einen Pass oder Passersatz nicht in zumutbarer Weise erlangen (§ 5 Absatz 1 AufenhV), wenn der Herkunftsstaat die Ausstellung der Passdokumente an die Unterzeichnung einer „Reueerklärung“ knüpft, die mit der Selbstbezichtigung einer Straftat verknüpft ist, und der Ausländer ausdrücklich und plausibel darlegt, dass er diese Erklärung nicht abgebеn will. Es genügt, dass die Tat, derer sich der Ausländer bezichtigen soll, nur nach dem Recht des Herkunftsstaats strafbar ist.
Die Unzumutbarkeit, eine „Reueerklärung“ unter diesen Voraussetzungen abzugeben, gilt unabhängig von Alter, Geschlecht, Aufenthaltszweck sowie Aufenthalts- und (asylrechtlichen) Schutzstatus. Bislang ist das Erfordernis einer „Reueerklärung“ nur im Zusammenhang mit eritreischen Staatsangehörigen bekannt geworden.“
Ferner wird angemerkt, dass eine Vorsprache bei der eritreischen Auslandsvertretung grundsätzlich keine Gefährdung nach sich zieht. Das bedeutet, dass keine grundsätzliche Unzumutbarkeit der Passbeschaffung für subsidiär Geschützte (im Gegensatz zu Personen mit Asyl- oder Flüchtlingsschutz) angenommen und ein Botschaftsbesuch damit gefordert werden kann. Geichzeitig gesteht das BMI allerdings die Möglichkeit zu, eine Unzumutbarkeit für subsidiär Geschützte aufgrund einer Gefährdung, auch von im Herkunftsland lebender Angehöriger, festzustellen, insbesondere mit Blick auf Syrien und nach sorgfältiger Abwägung der Gründe, die zum Schutzstatus geführt haben.
Im Fall von Eritrea soll auf das Erfordernis einer Vorsprache bei Personen im wehrfähigem Alter (Frauen zwischen 18 und 47 Jahren, Männer zwischen 18 und 57 Jahren) regelmäßig verzichtet werden, da in diesen Fällen die Reueerklärung üblicherweise gefordert werde.
Bleibt zu hoffen, dass diese Handlungsempfehlungen möglichst zeitnah in einen Erlass umgewandelt werden.