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VGH Kassel: Kein subsidiärer Schutz für Eritreer, Reueerklärung zumutbar

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Urteil vom 29. Oktober 2025 die Reueerklärung für eritreische Staatsangehörige wieder für zumutbar erklärt und stellt sich damit explizit gegen die vorherige Rechtsprechung des BVerwG und auch gegen das (damalige) Bundesinnenministerium (BMI), welches in einem Rundschreiben im August 2023 schrieb:

Die Unzumutbarkeit, eine Reueerklärung“ unter diesen Voraussetzungen abzugeben, gilt unabhängig von Alter, Geschlecht, Aufenthaltszweck sowie Aufenthalts- und (asylrechtlichen) Schutzstatus. Bislang ist das Erfordernis einer „ Reueerklärung“ nur im Zusammenhang mit eritreischen Staatsangehörigen bekannt geworden.“

Die Revision gegen das Urteil ist zugelassen. Ob das Urteil haltbar ist, ist zweifelhaft. Das Gericht problematisiert auch nicht die Reueerklärung als solche, sondern erklärt sie im Zusammenhang mit der Frage, ob eritreische Staatsangehörige in Deutschland Anrecht auf subsidiären Schutz haben, mittelbar für zumutbar. Denn durch die Abgabe einer Reueerklärung sowie die Abgabe der sog. Diaspora-Steuer (Aufbausteuer) könnten sich eritreische Staatsangehörige den sog. Diaspora-Status sichern, wodurch die Gefahr der Einberufung in den militärischen Pflichtdienst und dadurch die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgeräumt wäre.

Hier lesen Sie die Presseerklärung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30.10.2025.

Die Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis sind noch nicht abzusehen. Eritreer mit subsidiärem Schutz können sich weiterhin auf das Urteil des BVerwG berufen, und unabhängig vom Aufenthaltsstatus wäre auf das BMI-Schreiben zu rekurrieren. Hessen veröffentlichte einen eigenen Erlass, der – strenger als das Schreiben des BMI – die Anwendbarkeit des BverwG-Urteils auf subsidiäre Schutzberechtigte anerkennt und Gültigkeit behält. Gleichwohl steht zu erwarten, dass die Ausländerbehörden zukünftig die Abgabe einer Reueerklärung verlangen werden oder wieder mehr Botschaftsbesuche zu fordern. Denn die Praxis der hessischen Ausländerbehörden entsprach schon bislang kaum den Vorgaben des BMI, bei eritreischen Frauen und Männern im wehrfähigen Alter generell vom Erfordernis des Botschaftsbesuchs abzusehen, da die Abgabe einer Reueerklärung obligatorisch sei.